Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen abgelehnten Antrag auf dinglichen Arrest
Leitsatz (amtlich)
Das Bedürfnis zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Kaufpreisrestforderung besteht auch dann, wenn der Gläubiger durch einen Eigentumsvorbehalt an der im Ausland belegenen Kaufsache gesichert ist, zur Geltendmachung seines Herausgabeanspruchs aber vom Kaufvertrag zurücktreten und damit die Rückabwicklung des Kaufvertrags in Kauf nehmen müsste.
Die Frage, ob ein sonstiges Vermögensrecht nach § 857 ZPO (Anwartschaftsrecht) dem inländischen Vollstreckungszugriff unterliegt, ist rechtlich wertend nach dem nationalen Recht klären. Hierfür können die Maßstäbe zur Ermittlung des auf das Anwartschaftsrecht anwendbaren Rechts herangezogen werden.
Normenkette
BGB § 449 Abs. 2; ZPO §§ 857, 917 Abs. 2, §§ 928-930
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 20 O 4454/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird wegen eines Anspruchs der Antragstellerin in Höhe von 510.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.02.2022 der dingliche Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Antragsgegnerin angeordnet.
2. Durch Hinterlegung eines Betrags in Höhe von 605.583 EUR wird die Vollziehung dieses Arrests gehemmt und die Antragsgegnerin berechtigt, die Aufhebung des vollzogenen Arrests zu beantragen.
3. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin 16 Prozent, die Antragsgegnerin 84 Prozent.
5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 202.000 EUR festgesetzt.
6. Mit dem Beschluss sind zuzustellen:
- Antragsschrift vom 27.03.2023 mit Anlagen A 1 bis 13
- Schriftsatz vom 27.04.2023
- Schriftsatz vom 08.05.2023
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt den Erlass eines dinglichen Arrests zur Sicherung von Geldforderungen aus einem Kaufvertrag über die Lieferung von Produktionsanlagen. Darüber hinaus beantragt sie in Vollziehung des Arrests die Pfändung des Anwartschaftsrechts der Antragsgegnerin an den in Anlage Ast 2 aufgeführten Kaufgegenständen.
Die Antragstellerin ist nach eigenem Vortrag eine in Tschechien ansässige Herstellerin von Zubehör in der Automobilproduktion. Die Antragsgegnerin ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig. Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegnerin auf der Basis des als Anlage ASt1 vorgelegten Kaufvertrags vom 01.01.2021 drei Produktionsanlagen mit Zubehör veräußert zu haben. Die Produktionsanlagen seien von der Antragstellerin vereinbarungsgemäß nach Slowenien geliefert und bei der T.-C. d.o.o in Komenda installiert worden. Auch die Übergabe der Dokumentation und die Durchführung der Schulung der Mitarbeiter seien vertragsgemäß erfolgt (Anlagen ASt5 bis ASt8). Die Antragstellerin habe der Antragsgegnerin mit Rechnung vom 31.12.2021 (Anlage ASt9) für die erbrachten Leistungen 1.000.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 210.000,00 EUR in Rechnung gestellt. Die Antragsgegnerin habe den Kaufpreis nur teilweise beglichen, es seien weiterhin Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 510.000 EUR offen. Darüber hinaus schulde die Antragsgegnerin nach dem Kaufvertrag die Erstattung von Logistikkosten in Höhe von 85.000 EUR (Anlage ASt10) sowie die Bezahlung weiterer über den Kaufvertrag hinaus veräußerter und gelieferter Komponenten gemäß Rechnung vom 07.07.2021 in Höhe von 6.414,34 EUR (Anlage ASt 11) sowie gemäß Rechnung vom 12.09.2021 in Höhe von 4.302,46 EUR (Anlage ASt 12). Die ausstehenden Zahlungsansprüche aus dem Kaufvertrag mache die Antragstellerin beim Landgericht unter der Geschäftsnummer 20 O 931/23 als Zahlungsklage geltend. Ausweislich Ziffer 18.2 des Kaufvertrages hätten die Parteien München als ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart. Ziffer 18.1 des Kaufvertrages enthalte eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts. Darüber hinaus hätten die Parteien in Ziffer 3.3 des Kaufvertrags einen Eigentumsvorbehalt vereinbart. Da ein Urteil im Ausland - ohne Verbürgung der Gegenseitigkeit - zu vollstrecken wäre, werde Antrag auf dinglichen Arrest und Pfändung des zugunsten der Antragsgegnerin aus dem Eigentumsvorbehalt bestehenden Anwartschaftsrechts an den gelieferten Kaufgegenständen gestellt.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.04.2023 (Bl. 12 d.A.), auf den Bezug genommen wird, den Antrag auf Erlass eines dinglichen Arrests zurückgewiesen, da kein Arrestgrund vorliege. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, dass nicht zu besorgen sei, dass ohne die Verhängung eines Arrests die Vollstreckung eines Zahlungsurteils vereitelt oder wesentlich verschlechtert werde. Darüber hinaus sei fraglich, ob die Antragsgegnerin überhaupt Vermögenswerte in Slowenien habe, da die Produktionsanlagen unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden seien. Der Beschluss wurde der Antragstellerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihres Prozessbevollmächtigten am 17.04.2023 zugestellt.
Gegen den...