Leitsatz (amtlich)
Weder der dem Vorerben erteilte und den Nacherben sowie den Nacherbfall bezeichnende Erbschein noch der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk sind ausreichend, die Nacherbfolge zu belegen. Es bedarf hierzu eines Erbscheins für den Nacherben auch dann, wenn der Eintritt des Nacherbfalls (Wiederverheiratung des Vorerben) und der Nichteintritt der auflösenden Bedingung, dass der Nacherbe den Pflichtteil nicht geltend gemacht hat, nachgewiesen sind (Bestätigung der Senatsrechtsprechung; Beschluss vom 11.4.2011, 34 Wx 160/11, FGPrax 2011, 173).
Normenkette
BGB § 2363; GBO §§ 29, 35 Abs. 1 S. 1, § 51
Verfahrensgang
AG Freising - Grundbuchamt (Aktenzeichen Freising, Blatt 9252-13) |
Tenor
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Freising - Grundbuchamt - vom 7.5.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 war mit der am 19.4.2001 verstorbenen Frau Ulrike P. verheiratet, die Beteiligte zu 2 ist die gemeinsame volljährige Tochter. Zugunsten des Beteiligten zu 1 und dessen verstorbener Ehefrau sind seit 15.2.2000 in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern (Wohnung W.-Ring) Eigentumsvormerkungen zu je 1/2 am gesamten Anteil (Wohnung) bzw. am halben Anteil (Teileigentum Doppelparker) eingetragen. Die Erblasserin hatte im handschriftlichen Testament vom 7.4.2001 den Beteiligten zu 1 zum Alleinerben eingesetzt, jedoch hinsichtlich des Wohnungs- und Teileigentums W.-Ring als befreiten Vorerben und die Beteiligte zu 2 als Nacherbin. Für den Fall der Wiederverheiratung des Ehemannes war der Eintritt des Nacherbfalls angeordnet, das Nacherbrecht sollte im Falle der Geltendmachung des Pflichtteils entfallen. Demgemäß hat das AG - Nachlassgericht - am 18.6.2001 einen Erbschein erteilt. In den maßgeblichen beiden Grundbüchern wurden am 31.7.2001 Nacherbenvermerke eingetragen.
Der Beteiligte zu 1 hat am 20.5.2011 wieder geheiratet.
Zu notarieller Urkunde vom 13.4.2012 tauschten (u.a.) die Beteiligten Wohnungs- und Teileigentum; zum Vertragsgegenstand gehören die durch Eigentumsvormerkungen gesicherten Erwerbsansprüche an dem Wohnungs- und Teileigentum W.-Ring, die der Nacherbfolge unterliegen und die der Beteiligte zu 1 erhalten soll. In Abschnitt II der notariellen Urkunde versicherte die Beteiligte zu 2 an Eides statt, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter ihren Pflichtteil nicht geltend gemacht habe. Sie beantragte als Berechtigte die Umschreibung der diesbezüglichen Eigentumsvormerkungen im Weg der Grundbuchberichtigung an den maßgeblichen Blattstellen.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 7.5.2012 folgendes Eintragungshindernis mit Fristsetzung zur Beseitigung aufgezeigt:
Es fehle zum Nachweis der Nacherbfolge der (vorgelegte) Erbschein oder Bezugnahme auf die Nachlassakten des AG. Die Beteiligte zu 2 habe als Nacherbin über den Eigentumsverschaffungsanspruch verfügt. Das Nacherbenrecht sei entweder durch einen Erbschein oder eine öffentliche Urkunde nachzuweisen. Die Nacherbschaft folge insbesondere nicht aus einem notariellen Testament.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des beurkundenden Notars, der die erbrachten Nachweise für ausreichend hält. Auch im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens würde das Nachlassgericht eine entsprechende eidesstattliche Versicherung für die Erbscheinserteilung ausreichen lassen.
II. Die Beschwerde ist statthaft (§ 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 73 GBO) und auch im Übrigen zulässig. Der beurkundende Notar kann für den Antragsberechtigten, ohne eine Vollmacht vorlegen zu müssen, gegen die auf seinen Eintragungsantrag ergangene Entscheidung Rechtsmittel einlegen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 GBO. Im Zweifelsfall ist die Beschwerde als für alle Antragsberechtigten eingelegt anzusehen (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20 m.w.N.).
Das Rechtsmittel ist allerdings nicht begründet. Die in der Zwischenverfügung des Grundbuchamts vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und deckt sich auch mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Die Berichtigung des Grundbuchs als Voraussetzung für die Umschreibung der Eigentumsvormerkungen auf den Beteiligten zu 1 als Berechtigten (vgl. § 39 GBO) kann ohne den Nachweis der Erbfolge nicht vorgenommen werden.
1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich nur durch einen Erbschein geführt werden. Die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen liegen nicht vor. Insbesondere beruht die Erbfolge hier nicht auf einem öffentlichen - notariellen - (vgl. §§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB), sondern auf einem eigenhändigen - privatschriftlichen - Testament (§§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB). Die Regel des § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO gilt auch für den Fall, dass jemand nach einem anderen, dem Vorerben, Erbe geworden ist (Demharter § 35 Rz. 4). Demgemäß ist jedenfalls seit der Entscheidung des BGH vom 26.5.1982 (BGHZ 84, 196) unbestritten, dass die Nacherbfolge auch dann durch Erbschein nachgewiesen werden muss, wenn das Recht des Nacherben gem. ...