Leitsatz (amtlich)
Hat ein Ehegatte über ein Grundstück verfügt, darf das Grundbuchamt auch dann, wenn konkrete Tatsachen Anlass zur Vermutung geben, dass es sich um das ganze oder nahezu ganze Vermögen des Ehegatten handelt, den Eintragungsantrag nur beanstanden, wenn auch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erwerber dies weiß. Allein die nicht weiter substantiierte Behauptung der Kenntnis durch den anderen Ehegatten genügt hierfür nicht.
Normenkette
GBO § 53 Abs. 1; BGB § 1365
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 veräußerte mit notariellem Vertrag vom 22.7.2008 an den Beteiligten zu 3 einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück verbunden mit Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Am 28.7.2008 wurde eine zugleich bewilligte Eigentumsvormerkung eingetragen. Am 4.9.2008 ging beim Amtsgericht ein Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 ein, in dem diese mitteilte, die Beteiligte zu 2 habe erfahren, dass ihr - getrennt lebender - Ehemann, der Beteiligte zu 1, die in seinem Alleineigentum stehende "Wohnung" verkauft habe. Dieser Grundbesitz beinhalte das wesentliche Vermögen des Beteiligten zu 1, so dass zum Verkauf ihre Einwilligung notwendig sei. Eine Zustimmung sei nicht gegeben worden. Dem Beteiligten zu 3 seien die gesamten Vermögensverhältnisse wie auch die übrigen tatsächlichen Lebensverhältnisse der Eheleute bekannt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Immobilie das wesentliche Vermögen des Beteiligten zu 1 beinhalte. Beigefügt war ein Schreiben vom 26.6.2008, in dem der damalige Bevollmächtigte des Beteiligten zu 1 um Zustimmung zum Verkauf bat. Auf den Antrag zur Eigentumsumschreibung vom 25.11.2008 hat das Grundbuchamt am 14.1.2009 eine Zwischenverfügung erlassen und darin eine Frist zur Vorlage der Zustimmung der Beteiligten zu 2 gesetzt. Trotzdem hat es noch am selben Tag den Beteiligten zu 3 als Eigentümer und unmittelbar danach einen Amtswiderspruch gegen diese Eintragung eingetragen. Der Notar hat die Löschung des Amtswiderspruchs beantragt. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags am 3.2.2009 hat das Landgericht mit Beschluss vom 8.6.2009 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3.
II. Gemäß Art. 111 Abs.1 Satz 1 FGG-Reformgesetz ist das bis 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 78 GBO). Der Senat geht allerdings davon aus, dass die im notariellen Vertrag vom 22.7.2008 unter VII. erteilte allgemeine Vollzugsvollmacht den Notar nicht zur Vertretung im Beschwerdeverfahren betreffend die Löschung des Amtswiderspruchs berechtigt. Der Notar hat aber unter Vorlage einer weiteren Vollmacht erklärt, nur den Beteiligten zu 3 zu vertreten. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 GBO eingetragen, weil die Eigentumsumschreibung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden sei, die das Grundbuch unrichtig gemacht hätten.
Die Eigentumsumschreibung hätte nämlich nicht ohne Zustimmung des Ehegatten des Veräußerers erfolgen dürfen. Zwar bestehe grundsätzlich für das Grundbuchamt keine Verpflichtung, von sich aus Ermittlungen im Hinblick auf so genannte Negativtatsachen vorzunehmen, welche eine Eintragung hindern. Ergäben sich für das Grundbuchamt aus den Eintragungsunterlagen oder aus sonst bekannt gewordenen Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Veräußerungsverbots vorlägen, sei dies aber zu berücksichtigen. Voraussetzung sei, dass Tatsachen vorlägen, die das Grundbuchamt zu der Annahme berechtigten, zum Zeitpunkt der Vornahme des Verpflichtungsgeschäfts bilde der Vertragsgegenstand nahezu das gesamte Vermögen des Veräußerers und der Vertragspartner habe positive Kenntnis von dem bezeichneten Umstand gehabt. Maßgeblicher Zeitpunkt sei dabei nicht derjenige der Grundbucheintragung, sondern derjenige der Vornahme des Verpflichtungsgeschäfts.
Vorliegend habe das Grundbuchamt unter Berücksichtigung des Inhalts des Kaufvertrags und der Stellungnahme der Beteiligten zu 2 vom 2.9.2008 davon ausgehen müssen, dass der Beteiligte zu 3 davon Kenntnis gehabt habe, dass der Veräußerer über sein wesentliches Vermögen verfügt habe. Aus dem Kaufvertrag ergebe sich, dass der Veräußerer im gesetzlichen Güterstand lebe. Aus den vorgelegten Schriftsätzen vom 2.9.2008 bzw. 26.6.2008 ergebe sich, dass das Vertragsobjekt das wesentliche Vermögen des Veräußerers gebildet habe und dies dem Beteiligten zu 3 bekannt gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Eintragung habe für das Grundbuchamt jedenfalls kein Anlass bestanden, am Inhalt der vorgelegten Schriftsätze zu zweifeln, nachdem sie in den hier maßgeblichen Punkten übereingestimmt hätten. Nachdem sich weiter ergeben habe, dass der Veräußerer zwischenzeitlich in Indien wohne und der Kaufpreis auf ein Konto in Österreich fließen solle, habe es der Sach- und Rechtslage entsprochen, von Amts w...