Entscheidungsstichwort (Thema)
Sich Betäubungsmittel in anderer Weise verschaffen durch Betrug. Fehlende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt von Heroin. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Angeklagte den anderen, der ihm Heroin zur Aufbewahrung gegeben hat, darüber getäuscht, dass er sich selbst von der aufzubewahrenden Menge etwas abzweigen werde, kommt Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 BtMG, nicht hingegen unerlaubter Erwerb in Betracht.
2 a) Einen Erfahrungssatz dahingehend, dass Heroin mit einem bestimmten Wirkstoffgehalt gehandelt wird, gibt es nicht.
b) Geht der Tatrichter nach eigenen Erfahrungen von einer bestimmten Qualität des Heroins aus, muss er darlegen, auf welches Heroin sich diese Ausführungen beziehen und worauf seine Erfahrungen beruhen.
3. Stellt der Tatrichter fest, dass beim Angeklagten seit Jahren eine Betäubungsmittelabhängigkeit besteht und nur die Durchführung einer stationären Therapie erfolgversprechend erscheint, um ihn künftig von der Begehung weiterer, insbesonderer einschlägiger Straftaten abzuhalten, hat er sich mit der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt auseinanderzusetzen.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 07.08.2007) |
AG Augsburg (Urteil vom 24.10.2006) |
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7. August 2007 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht/Schöffengericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 24.10.2006 wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. In den Urteilsgründen traf es folgende Feststellungen (Urteil des Amtsgerichts S. 5):
Zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt im Januar/Februar 2005 lagerte die anderweitig Verfolgte H in der Wohnung des Angeklagten in der ###-straße 9 in Augsburg 100 Gramm Heroin, um dieses anschließend gewinnbringend weiterzuveräußern. Der Angeklagte, der wusste, dass das Heroin zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, wollte Frau H bei ihrem Handeltreiben mit Heroin unterstützen.
In der Folgezeit zweigte der Angeklagte aus der bei ihm gelagerten Menge Heroin ca. 18 Gramm für sich selber ab.
Der Angeklagte wusste, dass er keine Erlaubnis zum Umgang mit Betäubungsmitteln besaß.
Das Heroin war von zumindest durchschnittlicher Qualität.
Auf die Berufung des Angeklagten, die dieser auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte und mit der er eine Strafaussetzung zur Bewährung erstrebte, änderte das Landgericht Augsburg das amtsgerichtliche Urteil am 7.8.2007 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend ab, dass es den Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilte.
Das Landgericht legte aufgrund der von ihm als wirksam angesehenen Berufungsbeschränkung seiner Entscheidung den durch das Amtsgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde. Im Rahmen der Strafzumessung führte es ergänzend aus (Urteil des Landgerichts S. 11):
Außerdem lag der Wirkstoffgehalt der in der Wohnung aufbewahrten 100 Gramm Heroin von durchschnittlicher Qualität erheblich über der Grenze für nicht geringe Menge (= 1,5 Gramm HHC). Nach den Erfahrungen der Kammer wies die durchschnittliche Qualität von Heroin im Tatzeitraum einen Wirkstoffgehalt von 5 - 7 % HHC auf. Zugunsten des Angeklagten wurde daher nach den bindenden Feststellungen des Amtsgerichts zur Qualität des aufbewahrten Heroins von einem Wirkstoffgehalt von 5 % HHC ausgegangen. Damit errechnen sich aus der festgestellten Menge 5 Gramm HHC, somit über das dreifache des Grenzwerts.
Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere fehlerhafte Erwägungen der Kammer zur Strafzumessung, gerügt wird.
II.
Der statthaften (§ 333 StPO) und auch im Übrigen zulässigen (§ 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) Revision des Angeklagten ist jedenfalls ein vorläufiger Erfolg nicht zu versagen. Die Revision hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg.
Die Revision ist begründet, da das Amtsgericht keine Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des von dem Angeklagten aufbewahrten Heroins getroffen hat. Der Rechtsfolgenausspruch durch das Amtsgericht war daher nicht durch ausreichende Feststellungen getragen, so dass die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch nicht wirksam war (vgl. Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 318 Rn. 16 m.w.N.; BayObLGSt 1999, 105; OLG München Beschluss vom 20.6.2007 - 4St RR 103/07; OLG München Beschluss vom 27.9.2007 - 4St RR 165/07).
Auch ohne eine entsprechende Verfahrensrüge und unabhängig von einer sachlichen Beschwer des die Sachrüge erhebenden Angeklagten i...