Leitsatz (amtlich)
1. Zum erforderlichen Baumabstand von der Grenze einer Sondernutzungsfläche und zur entsprechenden Anwendung von Art. 47 AGBGB.
2. Wird der Grenzabstand von Pflanzen gem. Art. 47 AGBGB nicht eingehalten, ist damit, sofern die Teilungserklärung keine abweichende Regelung enthält, zugleich eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung des anderen Wohnungseigentümers indiziert.
Normenkette
AGBGB Art. 47; WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 20.9.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Eine außergerichtliche Kostenerstattung findet im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht im Wesentlichen aus zwei freistehenden Wohnhäusern. Der Antragsteller ist Eigentümer der im Aufteilungsplan mit Nrn. 1 und 2 bezeichneten Wohnungen des einen Hauses, den Antragsgegnern gehört die mit Nr. 3 bezeichnete Wohnung im anderen Haus. Den Wohneinheiten Nr. 1 und Nr. 3 sind gem. der Teilungserklärung vom 1.8.1995 an im Aufteilungsplan jeweils farbig gekennzeichneten und nummerierten Gartenflächen und Terrassen Sondernutzungsrechte folgenden Inhalts eingeräumt:
Jeder Sondernutzungsberechtigte hat das ausschließliche Nutzungsrecht an der zugewiesenen Gartenfläche samt Terrasse, während die übrigen Miteigentümer von der Nutzung ausgeschlossen sind. Dem Sondernutzungsberechtigten obliegt auch die Unterhaltungspflicht.
Jeder Sondernutzungsberechtigte ist berechtigt, die ihm zugewiesene Fläche nach eigenem Ermessen zu gestalten. Die Errichtung von Garten- oder Gerätehäusern ist zulässig.
Der Antragsteller hat in dem ihm zugewiesenen Sondernutzungsbereich (Garten) an der Grenze zur Sondernutzungsfläche der Antragsgegner insgesamt acht Tannen gepflanzt, von denen zwei kleinere weniger als 0,5m Abstand und vier weitere 3,5m hohe Bäume weniger als 2m Abstand zur Grenze der Sondernutzungsflächen einhalten.
Der Antragsteller hat zunächst beim AG beantragt, die Antragsgegner zur Entfernung einer Terrassenüberdachung, zur Versetzung eines Gartenhäuschens, zur Befestigung einer Erdaufschüttung und zum Kostenausgleich für einen Schwimmbadbau zu verpflichten. In Form des Gegenantrags haben die Antragsgegner Zugang zum gemeinschaftlichen Partykeller sowie Beseitigung von Pflanzen begehrt, die in einem geringeren Abstand als 0,5 m zur Grenze der Sondernutzungsrechte stehen, ferner den Rückschnitt von Pflanzen auf eine Höhe von nicht mehr als 2 m verlangt, die in einem Abstand von nicht mehr als 2m zur Grenze des Sondernutzungsrechts stehen.
Für das Rechtsbeschwerdeverfahren erheblich ist nur noch der letztgenannte Gegenantrag, den das AG am 12.4.2005 abgewiesen hat. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG mit Beschl. v. 14.9.2005 den Antragsteller verpflichtet, von sechs im Einzelnen bestimmten Tannen zwei Bäume, die in einem geringeren Abstand als 0,5 m zur Grenze der Sondernutzungsrechte stehen, zu beseitigen, und vier Bäume, die in einem Abstand von nicht mehr als 2 m zur Grenze des Sondernutzungsrechts stehen, auf eine Höhe von nicht mehr als 2m zurück zu schneiden. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt erfolglos.
1. Das LG hat ausgeführt: Zwar sehe die Teilungserklärung vor, dass jeder Sondernutzungsberechtigte die ihm zugewiesene Fläche nach eigenem Ermessen gestalten dürfe. Hierbei habe er jedoch auf die Belange der übrigen Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen. Im Nachbarrecht werde das Gebot der Rücksichtnahme bei Anpflanzungen hinsichtlich Abstandsflächen und Höhenentwicklung durch Art. 47 ff. AGBGB konkretisiert. Diese Regelung sei auch bei Ausübung eines Sondernutzungsrechts zu beachten, soweit nicht die Teilungserklärung dies anders regle. Die Antragsgegner könnten demgemäß die Einhaltung der nachbarrechtlichen Vorschriften beanspruchen.
2. Die Entscheidung des LG hält i.E. der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Hiernach sowie aus § 1004 Abs. 1 BGB besitzen die Antragsgegner den geltend gemachten Anspruch.
(1) Die gesetzliche Regelung des Art. 47 AGBGB gilt für das Verhältnis von Grundstücksnachbarn; sie findet jedenfalls unmittelbar nicht Anwendung auf das Verhältnis von Wohnungseigentümern, denen durch die Teilungserklärung Gartensondernutzungsflächen z...