Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Beseitigungspflicht bei Grenzbepflanzungen

 

Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 09.04.1987; Aktenzeichen 8 T 1798/85)

AG Miesbach (Entscheidung vom 04.10.1985; Aktenzeichen UR II 40/85)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 9. April 1987 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer eines Doppelhauses. Nach der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung steht ihnen jeweils ein Teil des Gartens zur ausschließlichen Nutzung zu. Auf dem den Antragsgegnern zugewiesenen Teil des Gartens stehen ein im Juni 1980 gepflanzter Wacholderstrauch und eine Buche.

Im ersten Rechtszug haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegner zur Beseitigung des Wacholderstrauches und der Buche zu verpflichten. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 4.10.1985 dem Antrag hinsichtlich des Strauches entsprochen, ihn hinsichtlich der Buche jedoch abgewiesen. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 9.4.1987 zurückgewiesen. Die Antragsgegner haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsteller könnten gemäß § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG die Beseitigung des Wacholderstrauches verlangen.

Der Strauch stehe zwar, wie sich aus den vorgelegten Lichtbildern ergebe, auf der Sondernutzungsfläche der Antragsgegner, befinde sich aber unmittelbar an der Trennlinie der Sondernutzungsflächen. Er bedeute für die Antragsteller einen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG. Für die Auslegung dieses Begriffs seien Art. 47 ff. AGBGB entsprechend anzuwenden. Da der Strauch entgegen Art. 47 Abs. 1 AGBGB in einem geringeren Abstand als 0,50 m zur Trennlinie stehe, könnten die Antragsteller seine Beseitigung verlangen.

Der Anspruch richte sich zu Recht gegen die Antragsgegner. Auf Grund der Aussagen der Zeugen F. W. und B. P. stehe fest, daß der Strauch im Auftrag der Antragsgegner gepflanzt worden sei. Die Behauptung der Antragsgegner, die Pflanzung des Strauches hätten sie und der Zeuge F., der Rechtsvorgänger der Antragsteller, gemeinsam beschlossen, sei nicht bestätigt worden. Der Zeuge F. habe sich an einen solchen Beschluß nicht erinnern können. Die verantwortliche Vernehmung der Antragsgegner sei nicht angezeigt gewesen, da das Verfahren für ihre Behauptung keinen Beweis erbracht habe. Der Zeuge P. habe bekundet, daß er als Bauleiter in Vertretung des Zeugen F. den Antragsgegnern zwar erklärt habe, sie könnten alle heimischen Gewächse pflanzen, ihnen aber nicht die Pflanzung des Wacholderstrauches an der Stelle, an der er sich befinde, erlaubt habe.

Der Beseitigungsanspruch sei nicht verwirkt. Besondere Umstände, die das Beseitigungsverlangen wegen verspäteter Geltendmachung als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Die 5-jährige Verjährungsfrist, die mit dem Ende des Jahres 1980 zu laufen begonnen habe (Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 AGBGB) sei mit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs rechtzeitig unterbrochen worden (§ 209 BGB).

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß die Antragsgegner zur Beseitigung des Wacholderstrauches verpflichtet sind (§ 15 Abs. 5 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB).

a) Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einem Teil des Gartens beinhaltet die Befugnis, die in Rede stehende Fläche nicht nur als Garten zu benutzen, sondern sie auch gärtnerisch zu bepflanzen (BayObLGZ 1982, 69/76; Senatsbeschluß vom 5.5.1987 BReg. 2 Z 50/86). Die Befugnis zur gärtnerischen Bepflanzung der Sondernutzungsfläche ist allerdings nicht unbeschränkt. Der Inhaber eines Sondernutzungsrechts darf ebenso wie ein Sondereigentümer von seinem Recht nur Gebrauch machen, soweit dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Bei Beurteilung dieser Frage gelten – wie das Landgericht zu Recht angenommen hat – mindestens auch die Schranken, die für Grundstücksnachbarn maßgebend sind (BayObLG aaO, Meisner/Ring/Götz Nachbarrecht in Bayern, 7. Aufl. § 18 RdNr. 5). Dies sind die nachbarrechtlichen Vorschriften der Art. 47 ff AGBGB (BayRS 400-1-J) in Verbindung mit Art. 124 EGBGB. Nach Art. 47 Abs. 1 AGBGB (inhaltsgleich mit Art. 71 AGBGB a.F.) kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, daß auf einem Nachbargrundstück nicht Sträucher in einer geringeren Entfernung als 0,50 m von der Grenze seines Grundstücks ...

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