Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kostenentscheidung, Sachverständigengutachten, Kosten des Berufungsverfahrens, Streitwert, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Überholverbote, Gegenerklärung, Rechtsabbiegen, Rechtsfahrgebot, Sicherheitsleistung, Entscheidung des Berufungsgerichts, Haftungsquote, Hinweisbeschluss, Fahrbahnmarkierungen, Rechtsmittel, Aussicht auf Erfolg, Landgerichte, Angefochtenes Urteil, Fahrbahnrand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus einer durchgehenden Linie (Zeichen 295) kann sich ein faktisches Überholverbot ergeben.

2. Wird ein Fahrzeug innerhalb seines Fahrstreifens leicht nach links gezogen, um einem anderen vor ihm nach rechts abbiegenden Fahrzeug auszuweichen, stellt dies einen vernünftigen Grund dar, um vom rechten Fahrbahnrand abzuweichen.

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 08.09.2021; Aktenzeichen 093 O 2338/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 08.09.2021, Aktenzeichen 093 O 2338/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.661,54 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 08.09.2021, Aktenzeichen 093 O 2338/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 31.01.2022 (Bl. 205/211 d. A.) Bezug genommen.

Die Gegenerklärung vom 08.03.2022 (Bl. 215/218 d. A.) rechtfertigt keine andere Beurteilung als im Hinweis dargelegt. Im Einzelnen ist zu den Ausführungen in der Gegenerklärung Folgendes anzumerken:

1. Anders als der Kläger meint, hat der Senat durchaus das konkrete Unfallgeschehen einbezogen. Nach der Rechtsprechung musste sich hier der Kläger aufgrund des rechts abbiegenden vorausfahrenden Fahrzeugs auf die Möglichkeit geringfügiger seitlicher Fahrbewegungen des zu Überholenden, also des Beklagten zu 1), einstellen. Entscheidend ist, dass dem Beklagten zu 1) vorliegend kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot anzulasten ist und nicht - wie der Kläger meint, "dass eine Fahrbewegung nach links nicht vernünftig und notwendig war", weil "das Fahrzeug vor ihm zügig und ohne stehen zu bleiben nach rechts abgebogen ist" (Bl. 216 d. A.).

2. Der Senat geht nicht davon aus, dass der Kläger die durchgezogene Linie missachtet hat. Entscheidend ist jedoch, dass sich bis kurz vor der Kollisionsstelle eine gestrichelte Markierung befand, ab der Kollisionsstelle aber eine durchgehende Linie. Der Kläger konnte den Beklagten zu 1) nur ohne Überfahrung der Linie überholen, weil er den nach § 5 Abs. 4 StVO gebotenen Seitenabstand grob missachtet hat, was sich zweifelsfrei aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ergibt. Damit stellte die (durchgezogene) Fahrbahnmarkierung - wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt hat - ein faktisches Überholverbot dar.

In der Gesamtschau unter Abwägung aller Umstände ist daher eine Haftungsquote des Klägers von 100% als angemessen anzusehen. 24 U 7414/21 - Seite 3 - Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15470204

SVR 2022, 426

SVR 2023, 333

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