Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern wird unzulässig, wenn der Antragsteller seine Aktionärsstellung verliert. Das gilt auch dann, wenn infolge eines Ausschlusses der Minderheitsaktionäre seine Anteile auf den Hauptaktionär übergehen.

 

Normenkette

AktG § 142

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 22.12.2009; Aktenzeichen 17 HK O 11145/09)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG München I vom 22.12.2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller, damals Aktionäre der Antragsgegnerin, beantragten mit Schriftsatz vom 16.6.2009 die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern zu fünf im Einzelnen ausgeführten "Umständen und Vorfällen". In der Hauptversammlung der Antragsgegnerin vom 5.10.2009 wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre beschlossen; die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 13.10.2009. Mit Beschluss vom 22.12.2009 wies das LG den Antrag zurück; die Antragsbefugnis sei mit dem Übergang der Aktien der Antragsteller auf die Hauptaktionärin entfallen. Dagegen legten die Antragsteller sofortige Beschwerde ein, soweit ihr Antrag hinsichtlich des unter Ziff. I 5 dargestellten Sachverhalts (Ausgabebetrag neuer Anteile i.H.v. 3 EUR und Ausschluss des Bezugsrechts) zurückgewiesen worden war.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (Art. 111 FGG-RG, 142 Abs. 5 Satz 2 AktG a.F., § 22 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der Antrag mit dem Übergang der Aktien der Antragstellerinnen auf den Hauptaktionär nach § 327e Abs. 3 AktG unzulässig geworden ist.

1. Nach § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG haben die Antragsteller für eine gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern nachzuweisen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag halten. Das Halten einer Anzahl von Aktien, die das notwendige Quorum erreichen, ist Voraussetzung der Antragsberechtigung. Kann der Nachweis nach § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht erbracht werden, ist der Antrag unzulässig (vgl. Hüffer AktG, 9. Aufl., § 142 Rz. 24, 31). Durch den an Stelle der früher vorgeschriebenen Hinterlegung zu erbringenden Nachweis nach § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG soll gewährleistet werden, dass Gericht oder Antragsgegner von einer etwaigen Veränderung des Aktienbestandes erfahren und die aus einem Verlust der Antragsberechtigung folgende verfahrensrechtliche Konsequenz ziehen können (vgl. BayObLGZ 2004, 260/265; OLG München AG 2008, 33/34; AG 2006, 801 f. zu § 258 AktG). Die Antragsberechtigung entfällt folglich, sobald die Antragsteller nicht mehr Aktien im erforderlichen Umfang halten. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen sie nicht mehr Inhaber der Aktien sind (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2009, 1411 zur Verschmelzung).

2. Zwar wird grundsätzlich auch in echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Vorschrift des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechend angewandt, aus der sich bei Veräußerung der streitbefangenen Sache während des Verfahrens eine gesetzliche Verfahrensstandschaft des Rechtsvorgängers ergibt, der das Verfahren grundsätzlich im eigenen Namen für den Rechtsnachfolger weiterführen muss (vgl. Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl., § 23 Rz. 51). Im Verfahren betreffend die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern scheidet eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO bereits im Fall einer freiwilligen Veräußerung der antragsbegründenden Aktien aus, weil nach § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG der Antragsteller selbst die Aktien bis zur gerichtlichen Entscheidung über seinen Antrag halten muss. Das zieht auch die Beschwerde nicht in Zweifel. Wenn aber schon in dem in § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich geregelten Fall des freiwilligen Verkaufs der Aktien eine Fortführung des Verfahrens durch den früheren Rechtsinhaber durch eine spezialgesetzliche Regelung ausgeschlossen ist, kommt eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 AktG auf den Fall des unfreiwilligen Rechtsverlusts nicht in Betracht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 9.10.2006 (NJW 2007, 300/301), denn diese bejaht eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO auf den Fall des Verlustes der Aktionärsstellung durch Squeeze-out allein deshalb, weil "die Situation des von einem Zwangsausschluss betroffenen Aktionärs ... im Hinblick auf die Rechtsfolgen derjenigen des Veräußerers bei einem freiwilligen Ver-kauf" entspricht.

3. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist auch keine einschränkende Auslegung des § 142 Abs. 2 AktG dahin geboten, dass im Falle des unfreiwilligen Verlustes der Aktionärsstellung die Antragsbefugnis bestehen bleibt. Die in §§ 142 ff. AktG normierte allgemeine Sonderprüfung gibt den Aktionä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge