Leitsatz (amtlich)
Für die Eintragung eines bisher nicht gebuchten ("schuldrechtlichen") Sondernutzungsrechts (hier: Pkw-Stellplatz) im Grundbuch eines Wohnungseigentums ist bei bestehender Wohnungseigentümergemeinschaft die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer in Form der Bewilligung erforderlich.
Normenkette
GBO § 18 Abs. 1, § 19; WEG § 15; BGB § 398
Verfahrensgang
Tenor
Die Zwischenverfügungen des AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 24.2. und 3.4.2012 werden aufgehoben.
Gründe
I. Mit notariellem Vertrag vom 2.2.2012 verkaufte der Beteiligte zu 1 das Eigentum an der Wohnung Nr. 7 an den Beteiligten zu 2. Unter § 1 des Vertrags (Grundbesitz und Grundbuchstand) ist u.a. festgehalten:
Nach den vorliegenden Unterlagen steht dem jeweiligen Eigentümer dieser Einheit das ausschließliche Benützungsrecht an dem im Freien gelegenen, im Teilungsplan mit ST 3 bezeichneten Pkw-Abstellplatz zu. Es wird bewilligt und beantragt, das Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz ST 3 bei der Wohnungseigentumseinheit Nr. 7 zu buchen.
Gleichzeitig bewilligte der Verkäufer und beantragte der Käufer die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Käufers. Insoweit ist Vollzugsantrag - auch bezüglich des Sondernutzungsrechts an dem Abstellplatz - gestellt.
Die Teilungserklärung vom 29.4.1987 enthält in Abschn. IV § 2 zu den fraglichen Stellplätzen folgende Regelung:
(3) Auf dem Grundstück sind die im Teilungsplan mit den Nummern St 1 bis St 6 bezeichneten Flächen zur Verwendung als Fahrzeugstellplätze vorgesehen.
Nach § 15 WEG wird der Gebrauch dieser Stellplätze wie folgt geregelt:
...
Die Stellplätze stehen dem derzeitigen Grundstückseigentümer, solange er zur Miteigentümergemeinschaft gehört, zur alleinigen und ausschließlichen Benutzung auch dann zu, wenn er nicht mehr Alleineigentümer des Grundstücks ist. Er darf dieses Benutzungsrecht zur Ausübung an Dritte überlassen.
Der derzeitige Grundstückseigentümer ist befugt, sein ausschließliches Benutzungsrecht an den Stellplätzen ganz oder teilweise auf andere Miteigentümer zu übertragen. Diese Übertragung bedarf nicht der Zustimmung etwaiger anderer Miteigentümer.
Auch nach Übertragung eines ausschließlichen Benutzungsrechtes bleibt dieses ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer innerhalb der Eigentümergemeinschaft übertragbar.
...
Der ursprüngliche Eigentümer veräußerte im Jahre 1987 das gegenständliche Wohnungseigentum an den Käufer S. In der Anlage zum notariellen Vertrag vom 19.5.1987 wird auf diesen als künftigen Eigentümer das ausschließliche Benützungsrecht am im Teilungsplan mit Nr. St 3 bezeichneten Pkw-Abstellplatz übertragen.
Herr S. veräußerte im Jahre 2003 das Wohnungseigentum an die Eheleute B. Im Kaufvertrag ist vermerkt, dass nach Angabe des Verkäufers dem jeweiligen Eigentümer der Einheit das ausschließliche Benützungsrecht an dem genannten Kfz-Stellplatz zustehe.
Im Jahre 2008 wurde das Wohnungseigentum zwangsversteigert und auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts am 18.2.2009 Herr K. als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dieser veräußerte die Wohnung am 27.2.2009 an seinen Sohn, den Beteiligten zu 1. Der Stellplatz ist in diesem Vertrag nicht erwähnt.
Mit Zwischenverfügung vom 24.2.2012 wies das Grundbuchamt auf folgendes Eintragungshindernis hin und setzte Frist zur Behebung durch Beibringung von Zustimmmungserklärungen aller Wohnungseigentümer:
Die an den Stellplätzen begründeten Sondernutzungsrechte seien frei übertragbar. Da dem Beteiligten zu 1 das Sondernutzungsrecht nicht ausdrücklich mit übertragen worden sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass es unabhängig von der Wohnung an einen anderen Wohnungseigentümer veräußert worden sei. Auf Gegenvorstellung erließ das Grundbuchamt am 3.4.2012 eine weitere Zwischenverfügung, wonach an derjenigen vom 24.2.2012 festgehalten werde. Allein aus der Formulierung im Kaufvertrag vom 27.7.2009, dass die Veräußerung mit allen Bestandteilen erfolge, könne nicht geschlossen werden, dass das Sondernutzungsrecht mitveräußert werden sollte. Nachdem der damalige Verkäufer nicht mehr Eigentümer sei, sei mit Veräußerung auf den Beteiligten zu 1 die Befugnis zur Verfügung über das Sondernutzungsrecht auf die Eigentümergemeinschaft übergegangen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Die Eigentumsvormerkung wurd inzwischen eingetragen.
II. Das Rechtsmittel hat aus formellen Gründen Erfolg.
1. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässig erhobene Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist begründet, da das Grundbuchamt nicht durch Zwischenverfügung hätte entscheiden dürfen. Folgt man der Rechtsansicht des Grundbuchamts, wonach im Kaufvertrag vom 27.7.2009 das Sondernutzungsrecht nicht mit übertragen wurde und mit dem Ausscheiden des Veräußerers aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Zuweisungsrecht auf die Gemeinschaft übergegangen sei, liegt ein nicht behebbares Hindernis vor, da die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bisher nicht vorliegt. D...