Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband kann Eigentum an unbeweglichen Sachen erwerben
Leitsatz (amtlich)
Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann als (Mit-)Eigentümerin von Grundbesitz in das Grundbuch eingetragen werden (Anschluss an BGH vom 18.3.2016 - V ZR 75/15). Offen bleibt, ob das Grundbuchamt den Verwaltungscharakter des Erwerbsgeschäfts zu prüfen hat. Stellt sich nach dem Inhalt der Urkunde der Erwerb als Verwaltungsmaßnahme dar, kann der Nachweis jedenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung als geführt angesehen werden.
Normenkette
GBO § 29 Abs. 1; WEG § 10 Abs. 6 Sätze 1, 4, Abs. 7, § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Passau (Beschluss vom 12.02.2015) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 12.2.2015 aufgehoben.
II. Das AG Passau - Grundbuchamt - wird angewiesen, die Eintragungsanträge vom 4.2.2015 nicht aus den Gründen des Beschlusses vom 12.2.2015 in der Form der Nichtabhilfeentscheidung vom 2.3.2015 zurückzuweisen.
Gründe
I. Im Teileigentumsgrundbuch ist ein 4/1000stel Miteigentumsanteil an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einem Vierfachparker in der Tiefgarage gemäß Aufteilungsplan, gebucht. Als Miteigentümerin zu 1/2 an dieser Einheit ist seit 19.4.2013 die Beteiligte zu 1 eingetragen. Nach der durch Bezugnahme eingetragenen Gebrauchsregelung ist ihrem Miteigentumsanteil die Nutzung der oberen Stellplätze des Vierfachparkers zugewiesen. Mit ihrem hälftigen Miteigentumsanteil ist außerdem das Sondernutzungsrecht an vier im Freien gelegenen Stellplätzen verbunden.
Das Eigentum an dem angrenzenden Nachbargrundstück teilte die Beteiligte zu 1 als damalige Alleineigentümerin mit notarieller Erklärung vom 30.5.2014 in der Weise auf, dass sieben Miteigentumsanteile, verbunden jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, gebildet wurden. Nach dem Verkauf von sechs dieser Wohnungen übertrug die Beteiligte zu 1 gemäß notarieller Urkunde vom 25.7.2014 die Hälfte ihres oben genannten Miteigentumsanteils (mithin einen 1/4-Anteil) an dem mit dem Sondereigentum am Vierfachparker verbundenen Teileigentum auf die "Wohnungseigentümergemeinschaft Dr.-H.-Straße" - der Beteiligten zu 2 -, bestehend aus der Beteiligten zu 1 und den bei der Beurkundung anwesenden und im eigenen Namen sowie im Namen der (künftigen) Gemeinschaft auftretenden Wohnungskäufer. Die Urkundsbeteiligten wiesen dem Viertel-Anteil das Recht zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung des Stellplatzes "links oben" im Vierfachparker sowie der vier im Freien gelegenen Stellplätze zu (Ziff. I. 5). Das Recht zur ausschließlichen Nutzung des weiteren Stellplatzes "rechts oben" im Vierfachparker sollte bei dem nicht verkauften Viertel-Anteil der Beteiligten zu 1 verbleiben.
Des Weiteren trafen die Urkundsbeteiligten eine "Vereinbarung zur Nutzung des Vertragsobjekts" (Ziff. X). Bezugnehmend auf die Regelung in der Gemeinschaftsordnung (dort Ziff. XVII), wonach die für das Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft erworbenen Stellplätze einzelnen Wohnungseigentümern entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen werden können, ordneten sie den veräußerten Wohnungseigentumseinheiten das unbefristete Recht zur Nutzung konkreter Stellplätze zu, "wie wenn er (sc. der Nutzungsberechtigte) Sondereigentümer des entsprechenden Stellplatzes wäre"; für die Nutzungszuweisung hatten die Erwerber der jeweils begünstigten Wohnung ein Entgelt in Höhe des anteiligen Kaufpreises zu entrichten, und zwar unmittelbar an die Beteiligte zu 1.
Außerdem verband die Beteiligte zu 1, bezugnehmend auf eine Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung, das Sondereigentum an der nicht übertragenen Wohnung mit dem Sondernutzungsrecht an zwei weiteren Stellplätzen im Freien (Ziff. XI).
Am 4.2.2015 beantragte der Notar gemäß § 15 GBO und namens der Urkundsbeteiligten aufgrund erteilter Vollmacht (Ziff. VIII), gemäß der von ihm namens der Beteiligten zu 1 am 3.2.2015 urkundlich erklärten Bewilligung zur Eigentumsumschreibung in das Grundbuch einzutragen:
- die Auflassung des Viertel-Anteils an die Wohnungseigentümergemeinschaft unter gleichzeitiger Löschung der (für die GbR, bestehend aus den Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft) eingetragenen Vormerkung,
- die Sondernutzungsrechte gemäß Ziff. XI der Urkunde und
- die sonstigen noch nicht vollzogenen Bewilligungen gemäß Urkunde vom 25.7.2014, mithin die Zuweisung der Sondernutzungsrechte nach Ziff. I. 5 zum übertragenen Viertel-Anteil.
Mit Beschluss vom 12.2.2015 hat das Grundbuchamt die Eintragungsanträge zurückgewiesen mit der Begründung, der Inhalt der Urkunde sei nicht eintragungsfähig. Trotz Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft könne diese kein (Mit-)Eigentum an einer Teileigentumseinheit erwerben. Ein solcher Erwerb diene nicht der Verwaltung, sondern der Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums und überschreite daher die der Gemeinschaft durch das Gesetz (§ 10 Abs. 6 WEG) gezog...