Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag von Streithelferin auf eine gesonderte Streitwertfestsetzung
Normenkette
ZPO § 91a Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 17.05.2019; Aktenzeichen 11 OH 20006/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Streithelferin M. GmbH vom 17.05.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 25.04.2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 27.11.2018 setzte das Landgericht nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens den Gegenstandswert auf 677.770,84 EUR fest. Im selbständigen Beweisverfahren unterstützten 11 Streithelfer die Antragsgegnerin, für die allesamt das Landgericht keinen gesonderten Streitwert festsetzte.
Die Streithelferin M. GmbH (künftig genannt: Streithelferin) wandte sich durch Schriftsätze vom 07.01.2019 und 23.04.2019 an das Landgericht und beantragte eine gesonderte Streitwertfestsetzung auf 58.950 EUR bzw. allenfalls auf 93.950 EUR. Sie teilte keinerlei Begründung für diese Beträge bzw. ihre rechnerische Herleitung mit und meinte lediglich, vom Landgericht am 09.01.2019 darauf hingewiesen, dass notfalls das Gericht verpflichtet sei, auf eigene Kosten einen Gutachter zur Abgrenzung des entsprechenden Werts zu bestellen. Unstreitig hatte die Antragsgegnerin des selbständigen Beweisverfahrens den Streit uneingeschränkt verkündet und war die Streithelferin uneingeschränkt beigetreten.
Durch Beschluss vom 25.04.2019 wies das Landgericht den Antrag zurück. Das Interesse der Streithelferin am Obsiegen der von ihr unterstützten Partei sei nicht "evident" auf einen wertmäßig klar abgegrenzten Teil des Streitstoffes bezogen gewesen. Außerdem sei die Aufzählung der Mängelpunkte in der Streitverkündung ("insbesondere") nicht abschließend gewesen.
Mit Schriftsatz vom 17.05.2019 wendete sich die Streithelferin mit einem "Rechtsmittel" gegen den Beschluss vom 25.04.2019 und nahm auf ihre früheren Schriftsätze Bezug.
Durch Beschluss vom 21.05.2019 half das Landgericht dem Rechtsmittel nicht ab.
II. Das "Rechtsmittel" ist als Beschwerde auszulegen. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Unabhängig vom Umfang der Streitverkündung entscheidet ein Streitverkündeter völlig frei, ob und auf welcher Seite er beitritt (in der Praxis nicht selten auf der Gegenseite des Streitverkünders) und in welchem Umfang dies geschehen soll. Wenn der Streithelfer solchermaßen die Beschränkung seines Beitritts zweifelsfrei durch seine Antragstellung oder seinen Sachvortrag deutlich gemacht hat, muss dies seinen Niederschlag in einem niedrigeren Streitwert finden (OLG München, 9 W 1548/10, BauR 2012, 681).
Anders liegt der Fall aber, wenn ein Streithelfer unbeschränkt einer Partei beitritt, deren Anträge unbeschränkt unterstützt und auch sonst keine evidente Beschränkung seines Beitritts ersichtlich ist. Dann ist der Wert der Hauptsache maßgeblich (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 3 Rdnr. 108; BGH NJW-RR 2016, 831; OLG München 9 W 1577/16, 9 W 1040/17, 13 W 634/10 und 28 W 1334/07 - je zitiert nach juris).
2. So liegt der Fall hier. Die Streithelferin hat ihren Beitritt nicht ausdrücklich beschränkt. Sie hat eine Beschränkung ihres Interesses weder durch ihren Sachvortrag deutlich gemacht, noch auf Nachfrage des Gerichts mit Hinweisverfügung vom 09.01.2019. Die Beschränkung deutlich zu machen, ist jedoch Sache der Streithelferin.
Entgegen der Ansicht der Streithelferin ist die Ermittlung einer "Abgrenzung" zum Streitwert der Hauptsache nicht Aufgabe des Gerichts, erst recht nicht durch Beauftragung eines Gutachters auf eigene Kosten des Gerichts. Eine Begutachtung zu diesem Zweck dürfte unzulässig sein. Vielmehr wird nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden sein (Rechtsgedanke des Kostenrechts, niedergelegt in § 91 a Abs. 1 ZPO; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 91 a Rdnr. 46 a).
Der bisherige Sach- und Streitstand bietet keine klaren Anhaltspunkte für die Bemessung des Interesses der Streithelferin. Anders als im von ihr herangezogenen Fall des OLG Dresden (10 W 30/18, JurBüro 2018, 296, dort Ziffer II. 2.3) hat sie nicht unter Bezugnahme auf das im selbständigen Beweisverfahren erholte Gutachten vorgetragen und ihr Gewerk betreffende Kosten beziffert.
Eine schätzweise Beschränkung des Interesses in der Weise, dass etwa der prozentuale Anteil ihres Werks an den gesamten Baukosten auf den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens übertragen wird, kann nicht erfolgen. Desgleichen kann nicht schätzweise der ihr Gewerk betreffende Sanierungsaufwand im Verhältnis zum begutachteten Gesamtsanierungsaufwand zu einer entsprechenden Herabsetzung ihres Interesses dienen. Zum einen sind die Werte dem Gericht nicht hinreichend genau bekannt, zum anderen erscheint diese Methode auch nicht sachgerecht. Denn ein Gewerk kann in einem ganz anderen Gewerk zu Folgeschäden führen und es kann Gesamtschuld vorliegen. In einem Gutachten genannte Mangelbeseitigungskosten betreffen ohne Abgrenzung oft mehrere Gewerke....