Leitsatz (amtlich)
Haben sich die Ehegatten in einem notariellen Erbvertrag zu Alleinerben und die gemeinsamen Abkömmlinge zu Schlusserben eingesetzt und bestimmt, dass ein Abkömmling bei Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden auch nach dem Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten soll (Pflichtteilsstrafklausel), so ist einem Einzelkind bei der Grundbuchberichtigung nach dem letztverstorbenen Elternteil regelmäßig die Möglichkeit einzuräumen, durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung den Nachweis des Nichteintritts der auflösenden Bedingung und des Nichtvorhandenseins weiterer Abkömmlinge zu führen.
Normenkette
BGB § 2075; GBO § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen HO-325-37) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird - unter Zurückweisung im Übrigen - die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 24.9.2012 wie folgt ergänzt:
Der Beteiligten wird gestattet, den Nachweis der Nichtgeltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach dem vorverstorbenen Vater auch durch Vorlage entsprechender notariell beglaubigter eidesstattlicher Versicherungen aller Kinder der Erblasserin aus der Ehe mit xxx zu führen. Der Nachweis, Abkömmling aus der Ehe der Erblasserin mit xxx zu sein, kann auch durch Vorlage von Personenstandsurkunden geführt werden. Zudem kann der Nachweis, einziges Kind aus dieser Ehe zu sein, durch eidesstattliche Versicherung erbracht werden.
Zur Behebung des Hindernisses wird eine Frist bis 31.1.2013 gesetzt.
Gründe
I. Im Grundbuch ist als Eigentümerin von Grundbesitz die am 14.4.2012 verstorbene Frau Mathilde S. eingetragen. Die Beteiligte trägt vor, die einzige Tochter der eingetragenen Erblasserin zu sein. Diese hatte im Jahr 1964 mit dem vorverstorbenen Ehegatten einen Erbvertrag errichtet, wonach Erben des Zuletztversterbenden die Abkömmlinge aus der Ehe sein sollten. Wenn ein Abkömmling beim Tod des Zuerstversterbenden seinen Pflichtteil verlange, so solle er auch beim Tod des Zuletztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.
Die Beteiligte erklärte unter dem 29.8.2012 gegenüber dem Nachlassgericht, die Erbschaft anzunehmen und einen Antrag auf Grundbuchberichtigung zu stellen. Zudem gab sie an, dass ein Pflichtteil nach dem Tod des Vaters nicht geltend gemacht worden sei. Das Nachlassgericht leitete die Nachlassakte dem Grundbuchamt zur Grundbuchberichtigung zu. Dieses hat am 24.9.2012 eine Zwischenverfügung erlassen und unter Fristsetzung die Vorlage eines Erbscheins verlangt, da die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden könne.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 24.10.2012, mit der geltend gemacht wird, dass die Vorlage eines Erbscheins unverhältnismäßig erscheine und die Beteiligte stattdessen bereit sei, den Sachverhalt im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO) und in zulässiger Weise eingelegt. Die Einlegung durch einen nicht vertretungsberechtigten Bevollmächtigten (vgl. Beschluss vom selben Tag) führt nicht dazu, dass das Rechtsmittel selbst unzulässig wäre. Auch bei Zurückweisung des Vertreters bleiben die bis dahin vorgenommenen Verfahrenshandlungen wirksam, § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FamFG.
Nach dem Beschwerdevorbringen, in dem ausdrücklich die Beibringung einer eidesstattlichen Versicherung angeboten wird, wendet sich die Beteiligte gegen die Zwischenverfügung des AG nur insoweit, als mit ihr allein ein Erbschein zur Beseitigung des aufgezeigten Hindernisses zugelassen ist.
Die Beschwerde hat in der Sache im Wesentlichen Erfolg.
1. Die Beteiligte beantragte die Berichtigung des Grundbuchs nach Erbfolge, §§ 13, 22 GBO. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge dem Grundbuchamt gegenüber durch einen Erbschein zu führen (vgl. auch BGH NJW 1982, 2499). Allerdings kann nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO auch die Vorlage einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen - wie etwa des notariellen Erbvertrags - mit der Niederschrift über deren Eröffnung (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 35 Rz. 31 ff.) oder ersatzweise die Verweisung auf die die entsprechenden Urschriften enthaltenen Nachlassakten desselben AG genügen (OLG Köln ZEV 2010, 97).
Aufgrund der in dem Erbvertrag enthaltenen Anordnung, dass jedes Kind auch aus dem Nachlass des zuletzt Versterbenden nur den Pflichtteil erhalten solle, wenn es aus dem Nachlass des zuerst Versterbenden seinen Pflichtteil verlangt, steht die Erbeinsetzung unter der (auflösenden) Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB), dass die Beteiligte nach dem Tod ihres Vaters keine Pflichtteilsansprüche gegen ihre Mutter geltend gemacht hat. Denn die getroffene Anordnung ist als "Strafklausel" dahin auszulegen, dass das sanktionierte Verhalten beim Tod des Erstversterbenden den Verlust des Erbrechts beim Tod des Überlebenden bewirkt. Der Abkömmling ist Schlu...