Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zuständigkeit nach § 32b ZPO
Normenkette
ZPO §§ 32b, 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 32 O 2161/17) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht Hamburg.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt mit ihrer zum Landgericht München I (Az. 32 O 2161/17) erhobenen Klage vom 8.2.2017 von der in München ansässigen Beklagten Schadensersatz wegen einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe sich gemäß Beitrittserklärung vom 12.3.2012 mit einer Einlage von 20.000,00 EUR (zzgl. Agio) an dem im Jahr 2012 aufgelegten Immobilienfonds D.S. Nr. 2 GmbH & Co. KG der mittlerweile insolventen S-Gruppe beteiligt. Der Fonds wurde von der U.I. GmbH mit Sitz in Hamburg angeboten. Die Beklagte habe 2011 falsche Bescheinigungen ausgestellt. So habe sie bewusst tatsachenwidrig u.a. bescheinigt, dass die S-Gruppe Immobilientransaktionen mit einem Verkehrswertvolumen von mehr als 200 Mio. EUR durchgeführt habe und die Gruppe über Immobilien mit einem Verkehrswert von mehr als 100 Mio. EUR verfüge. Diese Bescheinigungen seien neben dem Anlageprospekt als Marketinginstrument verwendet worden und hätten der Anlegerinformation gedient. Auch dies habe die Beklagte gewusst. Die Klägerin habe sich auf die Richtigkeit der Bescheinigungen verlassen. Die Beklagte hafte ihr daher wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Pflichtverletzung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sowie Prospekthaftung im weiteren Sinne. Daneben kämen Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Betracht.
Mit der gemeinsam mit der Klage zugestellten Verfügung vom 1.3.2017 wies das Landgericht München I darauf hin, dass es Zweifel an seiner örtlichen Zuständigkeit hege. Es führte unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.7.2013 (X ARZ 320/13) aus, gemäß § 32b ZPO sei das Gericht am Sitz der Anbieterin ausschließlich zuständig, ohne dass es darauf ankomme, ob die Anbieterin mitverklagt sei. Da nach durchgeführter Internetrecherche anzunehmen sei, dass die Anbieterin ihren Sitz in Hamburg habe, dürfte das Landgericht Hamburg ausschließlich zuständig sein. Die Stellung eines Verweisungsantrages wurde angeregt.
Hiergegen wandte sich die Beklagte mit Klageerwiderung vom 10.3.2017 und Schriftsatz vom 29.3.2017. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1.12.2016 (X ARZ 180/16) führte sie aus, dass eine Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht in Betracht komme. Ausweislich der Klageschrift werde sie nicht als Prospektverantwortliche, Gründerin, Initiatorin, Gestalterin oder Hintermann, sondern nur wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen. Auch eine Anwendung des § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO scheide aus, weil die Klage nicht zumindest auch gegen den Emittenten, Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet sei.
Die Klägerin stellte mit Schriftsatz vom 10.3.2017 ohne weitere Begründung den Antrag, das Verfahren an das Landgericht Hamburg zu verweisen.
Das Landgericht München I forderte mit Verfügung vom 17.3.2017 die Vorlage der Bescheinigungen sowie des vollständigen Verkaufsprospektes an und äußerte mit weiterer Verfügung vom 7.4.2017 die Ansicht, dass die Klägerin Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne geltend mache, indem sie ihren Anspruch auf die Ausstellung der "unrichtigen Bescheinigungen" durch die Beklagte und die Verwendung dieser Bescheinigungen im Vertrieb stütze. Nicht maßgeblich sei, ob die als fehlerhaft monierten Informationen in einem Prospekt im engeren Sinne enthalten seien.
Die Beklagte nahm hierzu - ablehnend - mit Schriftsatz vom 13.4.2017 Stellung.
Mit Beschluss vom 29.5.2017 (Az.: 32 O 2161/17) hat sich das Landgericht München I für (örtlich) unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Hamburg verwiesen, da dieses als Gericht am Sitz des Anbieters der sonstigen Vermögensanlage gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuständig sei. Das Landgericht München I hat insoweit ausgeführt:
Zu unterscheiden sind allerdings die Tatbestände des § 32 [gemeint dürfte wohl sein § 32b] Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Nach der Auslegung, die der BGH der Neufassung des Gesetzes gegeben hat, ist für eine Klage, die zumindest gegen einen Beklagten auf eine der in § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt wird, unabhängig davon begründet, ob zu den Beklagten auch der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft gehören (BGH, Beschluss vom 30.07.2013, X ARZ 320/13). Im Anwendungsbereich des § 32 [gemeint § 32b] Abs. 1 Nr. 2 ZPO verbleibt es dabei, dass eine Voraussetzung für den besonderen Gerichtsstand der Umstand ist, dass - im Fall der sonstigen Vermögensanlage - der Anbieter mitverklagt ist. Unter § 32 [gemeint § 32b] Abs. 1 Nr. 2 ZPO fallen dabei neben Klagen gegen Berater und Vermittler unter Verwendung des Prospektes auch Klagen aufgrund von Prospekthaftung im weiteren Sinne, d. h. insbesondere gegen die unmittelbaren Vertragspartner...