Leitsatz (amtlich)
1.
Die bestimmte Bezeichnung seines Rechtsmittels als Revision (gegen ein Urteil des Amtsgerichts) hindert den Angeklagten nicht, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zur Berufung überzugehen.
2.
Im Fall der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch (nur) zu dem Zweck gewährt werden, von der Revision zur Berufung überzugehen; in diesem Falle ist zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag das Berufungsgericht zuständig (im Anschluss an OLG Zweibrücken MDR 1979, 956 und 1985, 517).
Normenkette
StPO § 44
Tatbestand
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 10.09.2009 wegen unerlaubten Handeltreibens mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten.
Hiergegen legte der Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 11.09.2009, beim Amtsgericht eingegangen am 14.09.2009, Revision ein.
Das Urteil wurde sodann dem Verteidiger am 23.09.2009 ordnungsgemäß zugestellt.
Da bis zum Ablauf des 23.10.2009 keine Revisionsbegründung beim Amtsgericht einging, verwarf dieses am 30.10.2009 die Revision des Angeklagten durch Beschluss gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde dem Verteidiger am 05.11.2009 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 06.11.2009, beim Amtsgericht eingegangen am 09.11.2009, erklärte der Verteidiger, das Rechtsmittel solle als Berufung durchgeführt werden. Mit Schriftsatz vom 19.11.2009, eingegangen am selben Tage, beantragte der Verteidiger, dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, und bezeichnete gleichzeitig das mit Schriftsatz vom 11.09.2009 als Revision eingelegte Rechtsmittel nunmehr als Berufung. Zur Begründung führte er aus, den Angeklagten treffe kein Verschulden daran, dass die Revision als unzulässig verworfen und nicht innerhalb der Begründungsfrist nach § 345 Abs. 1 StPO als Berufung umbezeichnet worden sei. Er, der Verteidiger, sei rechtsirrtümlich davon ausgegangen, dass die Bezeichnung des Rechtsmittels als Revision unschädlich sei, weil die Revision als Berufung behandelt würde, wenn keine Begründung der Revision innerhalb der Monatsfrist erfolge. Dieser Rechtsirrtum sei ihm auch nicht aufgefallen, als er den Verwerfungsbeschluss erhalten habe. Er habe vielmehr seinen Irrtum noch fortgesetzt und ihn auch noch dadurch dokumentiert, dass er mit Schriftsatz vom 06.11.2009 an das Amtsgericht darum gebeten habe, die Revision nunmehr als Berufung zu behandeln; er sei fehlerhaft von einem Fall des § 300 StPO ausgegangen.
Dem Angeklagten habe er, als ihn dieser nach Erhalt des Verwerfungsbeschlusses angerufen habe, telefonisch erklärt, es sei alles in Ordnung und das Rechtsmittel werde nunmehr als Berufung behandelt; dabei sei er immer noch seinem Rechtsirrtum unterlegen. Erst durch einen Anruf des Amtsrichters vom 16.11.2009 sei er auf seinen Rechtsirrtum hingewiesen worden. Er habe dies auch beim Nachlesen der entsprechenden Kommentarstellen bemerkt. Er habe den Angeklagten dann in einem Telefonat am 18.11.2009 aufgeklärt, dass er sich geirrt und es deshalb versäumt habe, die Revision innerhalb der Begründungsfrist als Berufung zu bezeichnen, und dass er nunmehr einen Antrag auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen werde und dafür nun eine Frist von einer Woche laufen würde. Bei dieser Besprechung habe ihn der Angeklagte auch mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags beauftragt.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte mit Schreiben vom 30.12.2009, das dem Verteidiger am 20.01.2010 zugestellt wurde, den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zu verwerfen, weil er nicht innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO eingegangen sei. Der Verteidiger erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 28.01.2010, eingegangen an diesem Tage, die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO habe erst mit der Kenntnis des Angeklagten begonnen. Dieser habe auf seine, des Verteidigers, Rechtsmeinung vertrauen dürfen, auch wenn diese fehlerhaft gewesen sei. Schließlich sei es ja sein, des Verteidigers, Verschulden gewesen, das dem Angeklagten nicht zugerechnet werden könne. Erst in dem dargelegten Telefonat vom 18.11.2009 habe er den Angeklagten aufgeklärt, so dass dieser erst seit diesem Zeitpunkt Kenntnis gehabt habe und die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO deshalb erst am 18.11.2009 begonnen habe. Im Übrigen hat der Verteidiger in diesem Schriftsatz auf die Rechtsprechung des BGH hingewiesen, wonach Verschulden des Verteidigers an der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist dem Angeklagten nicht zugerechnet werden dürfe (BGH Beschlüsse vom 13.01.1997 - 4St R 612/96 -und vom 31.10.1995 - 3St R 456/95 -, jeweils zitiert nach [...]).
Der Senat hat die Sache an das Landgericht zur weiteren Entscheidung abgegeben.
Entscheidungsgründe
Der Angeklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 10.09.2009 form- und fristgerecht Revision eingelegt. Er war dadurch nicht gehindert, innerhalb der Frist zur Begründung der Revision (§ 345 Abs. 1 StPO) zur Berufung ü...