Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bestimmung des Verfahrenswerts bei einem selbständigen Beweisverfahren ist der Wert des zu sichernden Anspruchs bei der Verfahrenseinleitung maßgeblich.
2. Für einen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln ist nach § 41 Abs. 5 GKG der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung maßgeblich, wobei Bemessungsgrundlage die Grundmiete mit allen Nebenkosten ist.
3. Für ein Minderungsverlangen ist § 48 Abs. 1 GKG i. V. § 9 ZPO heranzuziehen und demnach grundsätzlich der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Minderungsbetrags, wobei Bemessungsgrundlage die Grundmiete mit allen Nebenkosten ist, sofern nicht der Gesamtbetrag der Minderungen bei einem zeitlich befristeten Mietverhältnis geringer ist.
Normenkette
GKG § 41 Abs. 5, § 48 Abs. 1; ZPO § 9
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 08.04.2013; Aktenzeichen 35 OH 16547/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner zu 5 und 7 gegen die Streitwertfestsetzung des LG München I durch Beschluss vom 8.4.2013, geändert durch Teilabhilfebeschluss vom 8.5.2013, wird zurückgewiesen.
2. Die Streitwertfestsetzung des LG für das selbständige Beweisverfahren wird von Amts wegen dahin abgeändert, dass der Streitwert für das Beweisverfahren auf 142.468,20 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 8.9.2006 die Begutachtung von baulichen Mängeln eines von ihr angemieteten gewerblichen Objekts durch einen Sachverständigen in einem selbständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO beantragt, um Minderungsrechte hinsichtlich der monatlichen Bruttomiete von 13.191,85 EUR, sowie Mangel - bzw. - Schadensbeseitigungsansprüche gegenüber den Antragsgegnern als Vermietern durchsetzen zu können.
Nach den gutachtlichen Feststellungen belaufen sich die Kosten der Mängelbeseitigung auf rund 710.000 EUR. Das LG hat mit Beschluss vom 8.4.2013 durch Einzelrichterin den Streitwert auf 146.000 EUR festgesetzt, da dies dem Streitwert der am 24.6.2010 erhobenen Hauptsacheklage entspreche. Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner zu 5 und 7 in eigenem Namen vom 13.4.2013, eingegangen bei Gericht am 15.4.2013, hat das LG teilweise abgeholfen und mit Beschluss vom 8.5.2013 den Streitwert auf 222.331 EUR festgesetzt.
II. Die befristete Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss ist zulässig (§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 2 bis 6 GKG, 3 32 Abs. 2 RVG). Soweit der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner zu 5 und 7 eine Heraufsetzung des Verfahrensstreitwerts erstrebt, ist die Beschwerde unbegründet.
Der Verfahrensstreitwert ist jedoch von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 GKG) herabzusetzen.
1. Das LG hat ausgeführt:
Für den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens maßgeblich seien für die beabsichtigte Mietminderung die Jahresmiete i.H.v. 104.640 EUR und für die Instandsetzung die Kosten für die Beseitigung der gravierendsten Mängel, gegebenenfalls durch Ersatzvornahme, i.H.v. insgesamt 117.691 EUR.
2. Diese Entscheidung entspricht nicht der Sach- und Rechtslage.
a) Bei einem selbständigen Beweisverfahren ist der Wert des zu sichernden Anspruchs bei der Verfahrenseinleitung maßgeblich. Dieser kann sich, soweit eine Schätzung durch einen Sachverständigen nötig ist, auch erst aus dessen Gutachten ergeben (Hartmann Kostengesetze 42. Aufl. GKG § 48 Anh. I (§ 3 ZPO), Rz. 102).
b) Maßgeblich im vorliegenden Fall ist also für den Anspruch auf Beseitigung der gesamten Mängel nach § 41 Abs. 5 GKG der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung (vgl. Hartmann, a.a.O., Rz. 82, § 41 Rz. 37), wobei Bemessungsgrundlage die Grundmiete mit allen Nebenkosten i.H.v. insgesamt 13.191,85 EUR ist (Palandt/Weidenkaff BGB, 72. Aufl., § 536 Rz. 33). Hinsichtlich des Minderungsumfangs schätzt das Gericht die Minderungsquote insgesamt auf 20 % und damit den jährlichen Minderungsbetrag auf 31.659,60 EUR.
c) Für das Minderungsverlangen ist dagegen § 48 Abs. 1 GKG i. V. § 9 ZPO heranzuziehen (vgl. BGH NJW-RR 2006, 16) und demnach bei dem vorliegenden Mietverhältnis mit bestimmter Dauer bis 31.12.2010 grundsätzlich der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Minderungsbetrags, da dieser bei Antragstellung geringer war als der Gesamtbetrag der künftigen Mietminderungen bis Vertragsende. Dies ergibt einen Betrag von 110.808,60 EUR.
d) Damit ergibt sich für das Beweissicherungsverfahren insgesamt ein Streitwert von 142.468,20 EUR.
3. Wegen der Zulässigkeit der Beschwerde sind im Beschwerdeverfahren keine Gebühren entstanden; eine Kostenerstattung für Auslagen findet nicht statt (§ 68 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 5088374 |
IWR 2013, 76 |