Leitsatz (amtlich)
Die Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 KV-GKG tritt auch dann ein, wenn das Gericht vor Zurücknahme der Berufung einen Termin zur mündlichen Verhandlung (nur) über den Antrag auf Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. § 718 Abs. 1 ZPO bestimmt hatte.
Normenkette
KV-GKG Nrn. 1220-1221
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 18 U 3563/02) |
LG München I (Aktenzeichen 28 O 3831/02) |
Tenor
Die Kostenbeamtin beim OLG wird angewiesen, unter Abänderung der Kostenrechnung vom 22.8.2002 für das Berufungsverfahren eine halbe Gerichtsgebühr i.H.v. 378 Euro anzusetzen.
Gründe
I. Der Beklagte ist im Urkundenprozess durch Vorbehaltsurteil des LG vom 26.4.2002 zur Zahlung von 93.000 Euro verurteilt worden, das gegen Sicherheitsleistung von 125.000 Euro für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist. Nachdem der Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte (Az.: 18 U 3563/02), hat die Klägerin beim Berufungsgericht beantragt, das Vorbehaltsurteil vorab ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Der Vorsitzende des 18. Zivilsenats hat mit Verfügung vom 26.8.2002 „Termin zur mündlichen Verhandlung (Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit)” auf den 17.9.2002 bestimmt und diesen Termin später auf den 24.9.2002 verlegt. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.9.2002 hat das Berufungsgericht am selben Tage ein Teilurteil verkündet, mit dem das Vorbehaltsurteil des LG vom 24.4.2002 hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit abgeändert worden ist.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.9.2002 hat der Beklagte die Berufung zurückgenommen. Ihm sind daraufhin mit Beschluss des 18. Zivilsenats vom 15.10.2002 die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden.
Mit Kostenrechnung des OLG vom 22.8.2002 (Sollstellung: 12.9.2002) sind vom Beklagten Gerichtskosten i.H.v. 1.134 Euro eingefordert worden (1,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 1220 KV-GKG).
Dagegen hat der Beklagte Erinnerung eingelegt. Er ist der Meinung, dass infolge der Berufungsrücknahme eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 KV-GKG eingetreten ist. Die Bestimmung und Durchführung des Termins vom 24.9.2002 stehe dem nicht entgegen, weil dieser Termin nur den Abänderungsantrag der Klägerin hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Urteils betroffen habe.
II. Die Erinnerung des Beklagten, der für die im Berufungsverfahren angefallenen Gerichtskosten als Antragsteller und als Entscheidungsschuldner haftet (§§ 49 S. 1, 54 Nr. 1 GKG), ist zulässig (§ 5 Abs. 1 S. 1 GKG) und auch begründet. Die Staatskasse kann nur eine halbe Gerichtsgebühr nach Nr. 1221 KV-GKG in Ansatz bringen, also 378 Euro.
Die allgemeine Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren (Nr. 1220 KV-GKG) ermäßigt sich nach Nr. 1221 KV-GKG auf eine halbe Gebühr, wenn die Berufung zurückgenommen wird, bevor ein Beweisbeschluss unterschrieben oder ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Ein Beweisbeschluss ist im vorliegenden Berufungsverfahren nicht erlassen worden. Zwar hat das Berufungsgericht mit Verfügung des Vorsitzenden vom 26.8.2002 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Diese Terminbestimmung betraf aber allein den Antrag der Klägerin auf Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. § 718 Abs. 1 ZPO und steht der Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 KV-GKG nicht entgegen. Soweit nach dieser Vorschrift trotz Berufungsrücknahme eine Gebührenermäßigung durch die vorausgegangene Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ausgeschlossen wird, ist damit die Terminsbestimmung zur mündlichen Verhandlung über die Berufung gem. § 523 Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. gemeint (vgl. Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Rz. 18 zu KV 1221). Dementsprechend hat das OLG Hamburg (OLG Hamburg v. 14.5.1998 – 8 W 87/98, MDR 1998, 927) entschieden, dass die Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 KV-GKG auch dann eintritt, wenn das Gericht vor Zurücknahme der Berufung einen Termin ausdrücklich nur zur Protokollierung eines Vergleichs bestimmt hatte.
Auch im vorliegenden Fall ist die Terminsbestimmung nicht zur Verhandlung über die Berufung erfolgt, sondern ausdrücklich zur Verhandlung über die von der Klägerin beantragte Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Urteils gem. § 718 Abs. 1 ZPO. Im Termin vom 24.9.2002 ist ausweislich der Sitzungsniederschrift auch nur über diesen Antrag der Klägerin verhandelt und durch Teilurteil entschieden worden. Die Erfolgsaussichten der Berufung waren in diesem Vorabentscheidungsverfahren nicht zu prüfen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 718 Rz. 3). Die Bestimmung und Durchführung dieses Verhandlungstermins hindert somit nicht den Eintritt der Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 KV-GKG durch die nachfolgende Rücknahme der Berufung.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 5 Abs. 6 GKG).
VorsRiOLG RiOLG RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108166 |
FamRZ 2003, 1767 |
JurBüro 2003, 270 |
MDR... |