Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsmaßstab bei Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen kommt es für die nach § 91a ZPO zu treffende Entscheidung über die Kostentragungslast darauf an, wie sich der Rechtsstreit ohne das erledigende Ereignis entwickelt hätte und entschieden worden wäre. Dabei ist nur eine summarische Prüfung der bisherigen Sach- und Rechtslage geboten.
2. Eine negative Feststellungsklage ist bereits dann zulässig, wenn sich der Gegner einer Forderung berühmt; eine Gegenabmahnung ist nicht erforderlich.
Normenkette
HGB § 89b; ZPO §§ 91a, 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 12.02.2018; Aktenzeichen 12 HK O 11212/17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 12.02.2018, Az. 12 HK O 11212/17, in Ziffer 1. des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.617,12 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche der Beklagten aus einem Handelsvertreterverhältnis mit der Beklagten.
Die Klägerin produziert und vertreibt Damenmode. Die Beklagte war für die Klägerin als Handelsvertreterin tätig. Die Klägerin hat den zwischen den Parteien bestehenden Handelsvertretervertrag mit Schreiben vom 14.10.2016 (Anl. K 3) zum 30.04.2017 gekündigt.
Nachdem die Beklagte gegenüber der Klägerin angekündigte hatte, einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB geltend zu machen, bezifferte sie diesen mit Rechnung vom 02.05.2017 (Anl. K 18) auf 743.526,74 EUR und verrechnete hierauf Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 229.515,22 EUR, sodass sich ein Saldo von 514.011,52 EUR ergab, den die Beklagte mit Schreiben 15.05.2017 der Klägerin mitteilte (Anl. K 19) und mit weiterem Schreiben vom 07.07.2017 (Anl. K 20) gegenüber der Klägerin anmahnte.
Mit Klageschrift vom 27.07.2017, eingegangen beim Landgericht München I am 31.07.2017 und der Beklagten am 30.08.2017 zugestellt, beantragte die Klägerin festzustellen, dass die Beklagte aus dem Handelsvertreterverhältnis nach dessen Beendigung keinen Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs gegen die Klägerin habe.
Im Verfahren des LG Münster, Az. 026 O 2/17, klagte die Klägerin gegen die Beklagte auf Auszahlung von durch die Beklagten vereinnahmten Anzahlungen von Kunden. Mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 14.07.2017 (Anl. K 24 zu Bl. 37/40 d.A.) kündigte die Beklagte die Erhebung einer Widerklage binnen der nächsten zwei Wochen an. Mit weiterem Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 21.08.2017, der Beklagten am 04.09.2017 zugestellt, machte die Beklagten im Wege der Widerklage den von ihr behaupteten Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs nach § 89 b HGB gegen die Klägerin geltend. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Münster am 22.11.2017 stellte die Beklagte den Widerklageantrag.
Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 22.12.2017 (Bl. 26, 27 d.A.), dem Beklagtenvertreter am 08.01.2018 zugestellt, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt. Die Beklagte stimmte der Erledigterklärung mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.01.2018 (Bl. 29/32 d.A.) unter Verwahrung gegen die Kostenlast zu.
Das Landgericht erlegte mit Beschluss vom 12.02.2018 (Bl. 33/36 d.A.) der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf.
Gegen diesen dem Klägervertreter am 19.02.2018 zugestellten Beschluss legte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2018 sofortige Beschwerde ein (Bl. 45/49 d.A.), der das Landgericht München I mit Beschluss vom 29.03.2018 (Bl. 55/57 d.A.) nicht abhalf und die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht anordnete.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Da die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen nur noch über die Kosten zu entscheiden. Ausschlaggebend ist hierbei in der Regel der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang, sodass in der Regel derjenige die Kosten zu tragen haben wird, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO aufzuerlegen gewesen wären (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 24 zu § 91 a ZPO).
Da es also darauf ankommt, welche Erfolgsaussichten die negative Feststellungsklage ohne Berücksichtigung der Erledigung (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage, München 2017, Rdnr. 47 zu § 91 a ZPO), das heißt hier die Stellung des Widerklageantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Münster am 22.11.2017, gehabt hätte, kann die Auferlegung der Kosten auf die Klägerin entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht...