Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 08.05.2007; Aktenzeichen 12 HKO 6701/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG München I vom 8.5.2007 (Az: 12 HK O 6701/07) aufgehoben, für die Beklagte ist ein durch das Erstgericht zu benennender Prozesspfleger zu bestellen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, erweist sich in der Sache auch als begründet.
Der Kläger beantragt für die beklagte Gesellschaft, eine GmbH in Liquidation, die seit 17.3.2007 keinen organschaftlichen Vertreter hat, die Bestellung eines Prozesspflegers im Hinblick auf die von ihm erhobene Anfechtungsklage. Entgegen der Ansicht des LG liegen die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 ZPO vor. Insbesondere scheitert die Bestellung eines Prozesspflegers nicht am Erfordernis, dass mit dem Verzug Gefahr verbunden ist. Gefahr im Verzug für den Kläger besteht grundsätzlich, wenn das Abwarten bis zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters durch die zuständige Stelle erhebliche Nachteile für den Kläger mit sich bringen würde (vgl. Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 57 Rz. 2). Vorliegend soll mit Erhebung der Klage vom 5.4.2007 die Monatsfrist zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen gem. § 246 Abs. 1 AktG analog gewahrt werden. Um die Anfechtungsfrist zu wahren, ist erforderlich, dass die Klage spätestens am letzten Tag der Frist durch Zustellung der Klageschrift erhoben wird (§ 253 Abs. 1 ZPO). Zwar genügt gem. § 167 ZPO auch die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift bei Gericht, jedoch nur insofern als die Zustellung demnächst, d.h. in nicht allzu erheblichem zeitlichen Abstand vom Fristablauf, erfolgt (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 246 Rz. 23). Eine Zustellung kann jedoch vorliegend an die Beklagte so lange nicht bewirkt werden, als sie keine organschaftliche Vertretung hat. Da nicht abzusehen ist, wann ein gesetzlicher Vertreter für die Beklagte bestellt wird, sondern vielmehr damit zu rechnen ist, dass dies nicht alsbald geschehen wird, besteht für den Kläger die Gefahr, dass die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG analog abläuft. Entgegen der Ansicht des LG beginnt die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG analog nicht erst mit der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters der Beklagten zu laufen. Um die Bestandskraft der (angefochtenen) Beschlüsse durch Fristablauf und damit erhebliche rechtliche Nachteile für den Kläger zu verhindern, ist gem. § 57 Abs. 1 ZPO dem Antrag des Klägers auf Bestellung eines Prozesspflegers für die Beklagte zu entsprechen.
Entgegen der Ansicht des LG steht der Bestellung eines Prozesspflegers auch nicht § 29 BGB entgegen. Die Bestellung eines Prozesspflegers für eine GmbH ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass (auch) die Bestellung eines Notgeschäftsführers (analog) § 29 BGB in Betracht kommt. Die Bestellung eines Prozesspflegers gem. § 57 ZPO ist ggü. der Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) der erheblich einfachere und in der Sache auch angemessene Weg, weil die Bestellung eines Prozesspflegers für die beklagte Partei weit weniger einschneidend ist als die gerichtliche Bestellung eines Vertretungsorgans. Während die Legitimation eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO auf den Rechtsstreit begrenzt ist, greift die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) in die originären statuarischen und normativen Befugnisse der Gesellschafter der beklagten Partei ein (vgl. OLG Zweibrücken v. 22.1.2007 - 4 W 6/07, OLGReport Zweibrücken 2007, 260 = GmbHR 2007, 544). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BayObLG (NJW-RR 1999, 1259). Im dortigen Verfahren wurde entschieden, dass die Möglichkeit der Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB nicht ausschließe. Eine Schlussfolgerung dahingehend, dass die Bestellung eines Prozesspflegers immer dann ausgeschlossen ist, wenn auch die Bestellung eines Notgeschäftsführers möglich ist, kann aus der Entscheidung nicht gezogen werden.
Zur Auswahl des Prozesspflegers verweist der Senat die Sache gem. § 572 Abs. 3 ZPO an das LG zurück.
Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.
Fundstellen
NZG 2008, 160 |
GmbHR 2007, 1108 |
OLGR-Süd 2007, 865 |