Normenkette

BGB §§ 13-14, 312c Abs. 2 aF, § 355 Abs. 2 S. 1 aF, § 358 Abs. 3 S. 2 aF

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 08.06.2016; Aktenzeichen 5 O 4690/14)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein, 5. Zivilkammer, vom 08.06.2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 65.000,- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien geschlossener Darlehensvertrag nach Widerruf weiterbesteht, hilfsweise verlangt sie Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst Nutzungsersatz. Der Beklagte begehrt mit seiner Widerklage die Feststellung, dass aus dem Vertrag keine Ansprüche mehr bestehen.

Am 18.08.2009 erwarb der Beklagte durch Bestellung gemäß Anlage B 1 von der GfM G. f. M. mbh & Co.KG eine Photovoltaikanlage für netto 57.500,00 EUR zu einem Gesamtpreis von 68.425,00 EUR brutto (Anlage B 1). Die Bestellung stand unter der Bedingung, dass die Finanzierung von einem deutschen Finanzierungsinstitut zugesagt werden würde. Mit Pachtvertrag ebenfalls vom 18.08.2009 (Anlage B 2) verpachtete der Beklagte die Photovoltaikanlage im S. B.park, B.str. ..., in München an die S. GmbH & Co.KG mit Sitz in Osnabrück. Initiator dieses als "Safeinvest" bezeichneten Anlagemodells war zunächst die Firma S. und später die Firma CPA C. P. AG. Gegen die maßgeblich handelnden Personen der Initiatoren wurde durch die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage zum Landgericht Osnabrück u.a. wegen Betrugs erhoben (Anklageschrift im Beiheft). Der Vertrieb der Kapitalanlage erfolgte durch die Firma E.W. GmbH, welche wiederum die Firma E.C. GmbH beauftragt hatte. Dem Beklagten wurde die Anlage durch einen für die E.C. tätigen Berater, dem Zeugen H., vermittelt.

Ebenfalls am 18.08.2009 unterzeichnete der Beklagte einen Darlehensantrag D. -Energie (Anlage K 2), der über den Finanzierungsvermittler Thomas T. Vermögensplanung mit Schreiben vom 26.08.2009 samt Kreditunterlagen gestellt (Anlage K 1) und mit Schreiben vom 01.09.2009 durch die Klägerin angenommen wurde (Anlage K 3). Der Darlehensbetrag belief sich auf 57.500,- EUR mit monatlichen Raten von 407,40 EUR. Der Darlehensantrag enthielt folgende Widerrufsbelehrung:

Abbildung

Die Darlehensvaluta wurde gemäß Anweisung des Beklagten vom 20.08.2009 auf einem Formular der Klägerin (Anlage K 4) direkt auf ein Konto der Firma GfM ausgezahlt. Am 02.11.2011 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Widerruf seiner Vertragserklärung zum Darlehensvertrag.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Widerruf unwirksam sei. Es habe kein Widerrufsrecht nach § 495 BGB bestanden, weil kein Verbraucherdarlehensvertrag zu Grunde liege. Hinsichtlich der Widerrufsbelehrung, die dem Musterwortlaut entspreche, greife die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 BGB InfoV a. F. ein. Der Widerruf sei unwirksam, die Angabe der Postfachadresse sei unschädlich, es sei auch unerheblich, dass Straße und Hausnummer nicht angegeben seien. Jedenfalls sei die Klage im Hilfsantrag begründet. Falls der Widerruf wirksam wäre, könne die Klägerin die ausgezahlte Darlehensvaluta in Höhe von 57.500 EUR nebst Nutzungswertersatz verlangen.

Es liege auch kein verbundener Vertrag vor. Der Inhalt der Beratung durch die Firma E.C. und die Durchführung der Gespräche in der Wohnung des Beklagten würden insgesamt mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin habe mit der Firma E.C. nicht zusammengearbeitet. Diese sei nicht befugt gewesen Informationen zum Darlehensvertrag zu geben oder über die Darlehenskonditionen aufzuklären. Der Finanzvermittler Thamm sei ein unabhängiger Kreditvermittler ohne Sonderstatus und nicht berechtigt bzw. bevollmächtigt gewesen, Erklärungen im Namen der Klägerin abzugeben. Er habe im eigenen Interesse vermittelt und eigenverantwortlich beraten und lediglich über einen Vermittlerzugang im Internet verfügt, der zur Identifizierung gedient habe. Die Onlineformulare hätten sich nicht unterschieden von den sonstigen für Jedermann zugänglichen Formularen. Die Bonitätsprüfung sei nicht auf den Vermittler ausgelagert gewesen. Die Klägerin sei eine Direktbank, ihr Geschäft beruhe auf Fernabsatz, damit sei es nicht ungewöhnlich, dass Kunden vom Firmensitz des Thamm weit entfernt gewohnt hätten.

Der Beklagte und Widerkläger behauptet, das Beratungsgespräch sei in der Wohnung des Beklagten durch den Mitarbeiter H. der E.C. erfolgt. Am 18.08.2009 sei mit Unterschrift des Bestellscheins und des Pachtvertrags auch der Darlehensantrag vorgelegt worden. Die E.C. habe für die Beratung durch ihre Mitarbeiter einen Verkaufsleitfaden (Anlage B 8) ers...

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