Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Anlagevermittlung und Anlageberatung
Normenkette
KWG § 1 Abs. 1a S. 2 Nrn. 1, 1a
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen.
II. Die Klägerin erhält Gelegenheit, sich zu I. bis zum 10.08.2020 zu äußern.
III. Binnen derselben Frist können sich alle Beteiligten auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens äußern, den der Senat auf bis zu 70.000.- EUR festzusetzen beabsichtigt.
Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Vorauszuschicken ist, dass nach st. Rspr. des BGH derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast trägt. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (BGHZ 126, 217, 225; BGH WM 1982, 13, 16, WM 1987, 590, 591, WM 1999, 645, 646). Der Anleger trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vermittelte Anlage aufklärungsbedürftige Plausibilitätsdefizite aufwies. Nichts anderes kann für die Fallgestaltung gelten, in der eine Prüfung der Plausibilität nicht stattgefunden hat und das hypothetische Ergebnis einer solchen Untersuchung festzustellen ist (BGH vom 30. März 2017, III ZR 139/15, Rz. 15).
Die sorgfältig begründete Entscheidung des Landgerichts erscheint insoweit offensichtlich zutreffend. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch:
1. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin mit der Beklagten keinen Anlageberatungsvertrag, sondern einen Anlagevermittlungsvertrag geschlossen hat.
a) Tritt ein Anlageinteressent an den Anlagevermittler nach dessen Angebot oder von sich aus heran, und macht er deutlich, dass er auf eine (bestimmte) Anlageentscheidung bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, dann liegt darin sein Angebot auf Abschluss eines Auskunfts- oder Beratungsvertrages. Dieses Angebot nimmt der Anlagevermittler stillschweigend jedenfalls dadurch an, dass er die gewünschte Tätigkeit beginnt. Der Anlagevermittler kann das genannte Verhalten des Anlageinteressenten ebensowenig als unverbindlich verstehen, wie umgekehrt der als Kunde auftretende Interessent das Handeln des Vermittlers (BGH NJW 1987, 1815; grundlegend BGH NJW 1993, 2433, BondUrteil).
Zur Abgrenzung von Anlagevermittlung einerseits und Anlageberatung andererseits kann auf die gesetzlichen Definitionen in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und Nr. 1a KWG, die im Einklang stehen mit der schon vor Inkrafttreten des KWG zur vertraglichen Haftung ergangenen Rechtsprechung des BGH (so BGH vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11, Rz. 15), zurückgegriffen werden. Danach ist Anlagevermittlung "die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten", Anlageberatung dagegen "die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird." Dementsprechend sind für die Klärung der Frage, ob mit dem Anlageinteressenten konkludent ein Beratungsvertrag oder ein Auskunftsvertrag geschlossen wurde, alle objektiven Umstände des vorliegenden Vertriebsgesprächs umfassend zu würdigen. Insbesondere bedarf dabei der Klärung, welche Beratungsleistungen konkret erbracht wurden (BGH vom 11.09.2012, Gz. XI ZR 476/11, für Bank).
b) Insoweit hat das Landgericht hier überzeugend festgestellt, dass die Klägerin bereits seit 2011 Kundin der Beklagten gewesen ist - das ergibt sich auch aus Anlage K 6, in der der Klägerin von der Beklagten bereits im Jahr 2011 Hinweise zur steuerlichen Behandlung von Container-Einnahmen gegeben worden waren - und dass die Klägerin auch diesen Erstkontakt schon von sich aus wegen ihres Interesses an dem streitgegenständlichen Anlagemodell gezielt gesucht habe, sowie dass eine Exploration der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin schon damals nicht erfolgt sei (LGU S. 4).
Das deckt sich auch mit der protokollierten Aussage der Klägerin, wonach sie sich wegen ihres Interesses an dem Anlagemodell bereits im Jahr 2010 von sich aus an die Beklag...