Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Keine Leistungsfähigkeit bei durchschnittlichen Einkünften des Unterhaltsverpflichteten zur Leistung von Prozesskostenvorschuss
Leitsatz (redaktionell)
Bei durchschnittlichen Einkünften des Unterhaltsverpflichteten besteht beim Trennungsunterhalt in der Regel keine Leistungsfähigkeit zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses, da die gemeinsamen Einkünfte der Eheleute über den Unterhalt hälftig verteilt werden. Eine Ausnahme kann nur vorliegen, wenn nichtprägende Einkünfte vorhanden sind, bei dem Unterhaltsverpflichteten einseitige vermögensbildende Aufwendungen als Abzugsposten anerkannt wurden oder der Unterhaltsverpflichtete im Gegensatz zum Unterhaltsberechtigten über Vermögen verfügt.
Normenkette
BGB § 1360a Abs. 4; ZPO § 115 Abs. 2; BGB § 1361 Abs. 4 S. 4
Verfahrensgang
AG Freising (Beschluss vom 25.05.2005; Aktenzeichen 2 F 1240/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des AG - FamG - Freising vom 25.5.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors erweist sich als unbegründet.
Das FamG hat zu Recht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, weil die Antragsgegnerin bedürftig ist. Nach § 115 Abs. 1 ZPO verfügt sie über kein Prozesskostenhilfeeinkommen. Sie hat zwar ein Nettoeinkommen von 1.048 EUR zzgl. des Bezugs von Kindergeld von 154 EUR und Mieteinkünften von 255 EUR. Hiervon sind aber die Hausschulden des von ihr bewohnten Eigenheimes von 700 EUR, die Hausnebenkosten von 390 EUR, der Erwerbsbonus von 173 EUR und der Freibetrag von 380 EUR abzuziehen, so dass das Prozesskostenhilfeeinkommen 0 beträgt. Offen bleiben konnte deshalb bereits, in welcher Höhe sie nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Werbungskosten abziehen kann, nachdem sie ohne nähere Ausführungen pauschale 200 EUR als Benzinkosten geltend machte. Insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, dass ohne nähere Darlegungen allenfalls entsprechend den SüdL Nr. 10.2 5 % pauschale berufsbedingte Aufwendungen als Abzugsposten in Betracht kommen könnten, im vorliegenden Fall damit 53 EUR.
Die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin entfällt entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors auch nicht, weil sie gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nach §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 4 BGB hat. Im vorliegenden Fall entfällt ein derartiger Anspruch bereits mangels Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Sein bereinigtes Nettoeinkommen beträgt nach Abzug der von ihm gezahlten Hausschulden für das gemeinsame Eigenheim und des Kindesunterhalts nur noch 758 EUR (1.800 - 700 - 327), liegt damit unter dem notwendigen Selbstbehalt. Selbst wenn ein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller gegeben wäre, bestehen bei durchschnittlichen Einkünften des Pflichtigen beim Trennungsunterhalt bereits grundsätzliche Bedenken, einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zu bejahen. Nach dem Gesetz handelt es sich insoweit um einen selbständigen Unterhaltsanspruch, der neben der laufenden Geldrente zu leisten ist (vgl. näher FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., Kap. 6 Rz. 338 ff.; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6 Rz. 25 f.). § 1360a Abs. 4 BGB wurde vom Gesetzgeber als Billigkeitsanspruch ausgestaltet. Bei der Leistungsfähigkeit ist dabei nach BGH im Gegensatz zum Kindesunterhalt, bei dem nach § 1603 Abs. 2 S. 1, 2 BGB alle Mittel einzusetzen sind, nicht der notwendige, sondern der angemessene Selbstbehalt zu wahren (BGH v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004, 1633). Dabei ist aber zu beachten, dass durch den Grundsatz der Halbteilung beim Ehegattenunterhalt dem Pflichtigen nach Zahlung des Unterhalts nur mehr die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verbleibt, damit bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen der eheangemessene Selbstbehalt als die andere Hälfte des Bedarfs nicht mehr gewahrt ist, wenn neben der Geldrente noch ein Prozesskostenvorschuss zu zahlen wäre. Es würde auch nicht der Billigkeit entsprechen, dass dem Bedürftigen mit dem Unterhalt die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verbleibt, der Pflichtige aber zusätzlich zu seinen eigenen Prozesskosten auch die des Ehegatten finanzieren müsste, obwohl er durch die Unterhaltsbelastung ebenfalls nur mehr die Hälfte des gemeinsamen Einkommens hat. Dies wird von Viefhues in seiner Anmerkung zu BGH FamRZ 2004, 1633 (BGH v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004, 1633) übersehen, ebenso von einem Teil der ihm folgenden obergerichtlichen Rechtsprechung. Eine Vorschusspflicht wird aus Billigkeitsgründen beim Trennungsunterhalt vielmehr nur in Betracht kommen, wenn der Pflichtige über sehr hohe Einkünfte verfügt, einer der Eheleute nichtprägende zusätzliche Einkünfte hat, so dass Mittel über die Halbteilung vorhanden sind, beim Pflichtigen eheprägende einseitige vermögensbildende Aufwendungen als Abzugsposten anerkannt wurden, die nicht der Altersvorsorge dienen, da der Unterhalt der Vermögensbild...