Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 16.07.2007; Aktenzeichen 13 T 10636/07)

AG München (Entscheidung vom 03.05.2007; Aktenzeichen 705 XVII 2410/05)

 

Tenor

  • I.

    Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird abgelehnt.

  • II.

    Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 16. Juli 2007 wird verworfen

 

Gründe

I.

Für die Betroffenen, die in einem Heim lebt, besteht seit längerer Zeit eine Betreuung, die auch den Aufgabenkreis "Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post" umfasst.

Nachdem es zwischen dem Heim und der Betreuerin zu Meinungsverschiedenheiten über die Aushändigung der Post an die Betroffene kam, weil das Heim entgegen der Anweisung der Betreuerin die Post nicht der Betroffenen ausgehändigt, sondern sie an die Betreuerin weitergeleitet hatte, hat das Heim beim Amtsgericht angeregt, den Aufgabenkreis der Postangelegenheiten entfallen zu lassen.

Mit Beschluss vom 3.5.2007 hat das Amtsgericht diese Einschränkung des Aufgabenkreises abgelehnt und klargestellt, dass kein Gebot gegen die Betreuerin erfolge, einer Zusendung der Post an sie vorab, vor einer Aushändigung an die Betroffene, zuzustimmen.

Die vom Heim gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hat das Landgericht am 16.7.2007 wegen fehlender Beschwerdeberechtigung des Heims als unzulässig verworfen. Ergänzend hat die Kammer ausgeführt, das Heim habe die eingehende Post unverzüglich an die Betreuerin zur Postkontrolle weiterzuleiten. Wenn diese der Aufassung sei, eine Postkontrolle sei nicht mehr erforderlich, habe sie es dem Amtsgericht mitzuteilen. Wenn dann nach Auffassung des Amtsgerichts eine Postkontrolle weiterhin erforderlich sei, so habe das Heim auch weiterhin die Post an die Betreuerin weiterzuleiten.

Mit ihrer im Namen der Betroffenen eingelegten weiteren Beschwerde wendet sich die Betreuerin ausdrücklich nur gegen diese Ausführungen in den Gründen der Beschwerdeentscheidung.

II.

Die formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist unzulässig, da weder die Betreuerin noch die Betroffene durch die Entscheidung beschwert ist.

Eine Beschwer kann in der Regel nur aus dem Inhalt der Entscheidungsformel und nicht aus der Art der Begründung der angefochtenen Entscheidung hergeleitet werden (BayObLGZ 1975, 420/424; KG FamRZ 1977, 65; Bumiller/Winkler FGG 8. Auflage § 20 Rn. 7). Der Ausnahmefall, dass die Gründe der Entscheidung unmittelbare Rechtswirkung entfalten, liegt nicht vor. Die Betreuerin ist nicht gehalten, ihre Tätigkeit an der Rechtsauffassung des Landgerichts auszurichten. Sie kann weiterhin vom Heim verlangen, dass die Post nicht an sie weitergeleitet, sondern der Betroffenen unmittelbar ausgehändigt wird.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Landgericht die Bedeutung des Aufgabenkreises der Postangelegenheiten und der daraus folgenden Rechte und Pflichten der Betreuerin verkannt hat. Dieser Aufgabenkreis verpflichtet die Betreuerin keinesfalls, stets die Post der Betroffenen vor einer Aushändigung an diese zu kontrollieren.

Vielmehr hat die Betreuerin das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen so weit wie möglich zu achten. Eingriffe sind auch im Rahmen der Aufgabenkreise nur soweit zulässig, als sie zum Wohle der Betroffenen erforderlich sind. Wenn also wie hier von der Aushändigung der Post an die Betroffene keine Gefahren für deren Wohl ausgehen, weil weder eine Gesundheitsbeeinträchtigung wegen Aufregung oder Verwirrung noch ein Verlust wichtiger Sendungen zu besorgen ist, begegnet es keinen Bedenken, wenn die Betreuerin die Post erst sichtet, nachdem sie der Betroffenen ausgehändigt worden ist. Es ist nicht erkennbar, inwieweit hierin eine - vom Landgericht im Grundsatz zu Recht für unzulässig gehaltene - "Delegierung der Postkontrolle von der Betreuerin auf das Heim" liegen soll.

Diese Erwägungen setzen allerdings voraus, dass die Aufgabe der Postkontrolle im Sinne von § 1896 Abs. 4 BGB im Einzelfall überhaupt erforderlich ist, etwa aufgrund triftiger Anhaltspunkte dafür, dass der oder die Betroffene nicht bzw. nicht durchgängig bereit sein könnte, die ausgehändigten und vom Betreuer für die Wahrnehmung seiner Aufgaben anschließend benötigten Postsachen diesem auch vollständig zu überlassen. Sind derartige Anhaltspunkte nicht ersichtlich, kann allein das vom Vormundschaftsgericht herangezogene Argument, die Betroffene sei mit der Betreuung durchaus einverstanden, nicht überzeugend begründen, weshalb der Betreuerin die ausdrückliche Befugnis zum Eingriff in das Grundrecht nach Art. 10 Abs. 1 GG eingeräumt werden muss. Denn der das Betreuungsrecht prägende Erforderlichkeitsgrundsatz gilt für jeden einzelnen Aufgabenkreis (vgl. z.B. BayObLG FamRZ 1999, 1612 m.w.N.).

Die Betreuerin ist deshalb an die gesetzliche Verpflichtung zu erinnern, dem Vormundschaftsgericht Umstände mitzuteilen, die eine Einschränkung ihrer Aufgabenkreise ermöglichen (vgl. § 1900 Abs. 5 Satz 2 BGB). Ebenso wird das Vormundschaftsgericht im weiteren Verlauf der Betreuung dieser ...

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