Leitsatz (amtlich)

Wenn die Eintragung einer altrechtlichen Grunddienstbarkeit aufgrund eines Urteils, in dem der Eigentümer zur Abgabe der Berichtigungsbewilligung verurteilt ist, beantragt wird und Rechte eingetragen sind, die später als die bisher nicht eingetragene altrechtliche Dienstbarkeit entstanden sind, so ist auch die Bewilligung der Begünstigten der eingetragenen Rechte erforderlich (Anschluss an KGJ 51 A 252).

 

Normenkette

GBO § 22 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 184

 

Verfahrensgang

AG Deggendorf (Aktenzeichen NA-370-27)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligen zu 1 und 2 gegen die Zwischenverfügung des AG Deggendorf - Grundbuchamt - vom 22.1.2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Als Eigentümer von zwei Grundstücken, die ihrerseits an ein Grundstück der Beteiligten zu 1 und 2 angrenzen, sind im Grundbuch die Eheleute St. eingetragen.

Mit Urteil des LG vom 26.9.2012, rechtskräftig seit 26.11.2012, wurden die Eheleute St. verurteilt, den Beteiligten zu 1 und 2 ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs insoweit zu erteilen, als zugunsten des Grundstücks der Beteiligten zu 1 und 2 auf den beiden Grundstücken der Eheleute St. eine altrechtliche Grunddienstbarkeit mit folgendem Inhalt besteht:

Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist berechtigt, zum Erreichen der dreiecksförmigen Teilfläche im Norden des herrschenden Grundstücks; die dem Teil der ursprünglichen Fl. Nr. ... entspricht, der dem herrschenden Grundstück im nördlichen Teil zugemessen wurde, und die in dem diesem Urteil beigefügten Plan rot gekennzeichnet ist, mit Fahrzeugen jeder Art und zu jeder Zeit über die dienenden Grundstücke zu fahren.

Die Beteiligten haben unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils die Eintragung der Dienstbarkeit beantragt. Das Grundbuchamt hat am 22.1.2013 mit fristsetzender Zwischenverfügung aufgegeben, Bewilligungen der im Grundbuch Abt. II Nrn. 3, 5 und 6 eingetragenen Berechtigten zur vorrangigen Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit vorzulegen. Begründet hat es dies mit der notwendigerweise rangrichtigen Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit.

Dagegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt. Die altrechtliche Dienstbarkeit habe schon nach dem Gesetz Vorrang, es bedürfe daher keines Rangrücktritts der voreingetragenen Belastungen. Solche Erklärungen wären außerdem reine Förmelei, da die entsprechenden Bewilligungen von den Beteiligten zu 1 und 2 als Berechtigte und dem Nachbarn St., der zur Bewilligung der Berichtigung verurteilt sei, abzugeben wären. Außerdem sei die Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 22 GBO durch das vorgelegte Urteil nachgewiesen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 25.2.2013 nicht abgeholfen.

II. Die statthafte (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO) Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist auch im Übrigen zulässig (vgl. § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da das Grundbuchamt zu Recht in der Zwischenverfügung den Rangrücktritt fordert, so dass es nicht darauf ankommt, dass der Beschwerdeantrag mit dem Ziel, die Eintragung im Grundbuch zu bewirken, zunächst zu weit gefasst war.

1. Grundlage der beantragten Berichtigung bildet § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO. Die Eintragung hat ungeachtet der Eintragungsbedürftigkeit derartiger Rechte stattzufinden, wenn sie von dem Berechtigten verlangt wird (s. Art. 187 Abs. 1 EGBGB). Das vorgelegte Urteil ersetzt die Berichtigungsbewilligung (§ 894 ZPO). Da eine altrechtliche Grunddienstbarkeit nach Art. 184 EGBGB grundsätzlich mit dem sich bei Bestellung ergebenden Rang bestehen bleibt und § 879 BGB auch nach Grundbuchanlegung nicht gilt (BayObLGZ 1959, 478/481 f.; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl. Art. 184 Rz. 5), darf die Eintragung nur erfolgen, wenn diese auch mit dem ihr zukommenden Rang eingetragen werden kann (KGJ 51 A 252; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. Rz. 1173). Dies ist derzeit nicht der Fall, da in Abteilung II des Grundbuchs Belastungen eingetragen sind. Eine Eintragung der Dienstbarkeit könnte daher - worauf das Grundbuchamt zutreffend hingewiesen hat - ohne Rangrücktritte derzeit nur an nachstehender Rangstelle eingetragen werden, was die Eintragung unrichtig machen würde (vgl. KGJ 51 A 252; Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl. Stichwort: Alte Rechte Rz. 112; Schöner/Stöber, a.a.O.). Einer solchen Eintragung steht jedoch das Legalitätsprinzip entgegen (Demharter, GBO, 28. Aufl. Einleitung Rz. 1).

2. Die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung des LG Aachen (DNotZ 1959, 318) ist nicht zielführend. Anders als hier ging es im dortigen Fall um die Eintragung einer Heimstätte nach dem Reichsheimstättengesetz. Nach § 5 ReichsheimstättenG konnte die Eintragung nur zur ausschließlich ersten Rangstelle erfolgen, wobei der Vorrang vor den anderen Belastungen schon kraft Gesetzes (s. § 12 Abs. 2 der VO zur Ausführung des ReichsheimstättenG) angeordnet war (LG A...

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