Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 27.04.2007; Aktenzeichen 18 T 2269/07)

AG Nürnberg (Beschluss vom 10.03.2007; Aktenzeichen 57-XIV 25/07)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 27.4.2007 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass der Haftanordnungsbeschluss des AG Nürnberg vom 10.3.2007 rechtswidrig war.

III. Die Stadt Nürnberg hat die dem Betroffenen im Abschiebungshaftverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

 

Gründe

I. Die Ausländerbehörde betrieb die Abschiebung des Betroffenen, eines türkischen Staatsangehörigen. Dieser reiste erstmals am 8.6.2003 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Am 14.6.2004 erteilte die Ausländerbehörde dem Betroffenen eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Eheführung, da er seit 30.4.2001 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet war. Die Aufenthaltserlaubnis wurde bis 13.6.2006 verlängert. Am 12.6.2006 beantragte der Betroffene die erneute Verlängerung, wobei er angab, von seiner Ehefrau getrennt zu leben. Mit Verfügung vom 24.7.2006 wurde der Antrag des Betroffenen abgelehnt und er unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, bis 31.8.2006 aus Deutschland auszureisen. Ein gegen diese Anordnung gerichteter Eilantrag blieb erfolglos. Der Betroffene blieb dennoch in Deutschland. Daraufhin bereitete die Ausländerbehörde die Abschiebung des Betroffenen auf dem Luftweg für den 22.3.2007 vor und beantragte am 9.3.2007 beim AG die Anordnung von Abschiebungshaft für die Dauer von zwei Wochen mit sofortiger Wirksamkeit gem. § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Die Ausländerbehörde wies dabei darauf hin, dass sich der Betroffene seit 1.9.2006 ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte. Der Betroffene wurde am 9.3.2007 in seiner Wohnung festgenommen. Er machte bei seiner Anhörung durch das AG geltend, sein Anwalt habe ihm nicht mitgeteilt, dass er bis zum 31.8.2006 hätte ausreisen müssen. Das AG hat mit Beschluss vom 10.3.2007 mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von längstens zwei Wochen angeordnet und dies auf den Haftgrund des § 62 Satz 1 Nr. 5 AufenthG gestützt, da es die Überzeugung habe, der Betroffene würde nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen. Ohne Inhaftierung könne die Abschiebung nicht durchgeführt werden. Weitere Feststellungen dazu traf das AG nicht.

Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt. Er wurde am 22.3.2007 abgeschoben. Mit Schriftsatz vom 5.4.2007 hat sein Verfahrensbevollmächtigter die Hauptsache für erledigt erklärt und die Feststellung beantragt, dass die Anordnung der Abschiebungshaft rechtswidrig war. Zugleich hat er beantragt, der Ausländerbehörde die Kosten des Abschiebungshaftverfahrens aufzuerlegen. Das LG hat mit Beschluss vom 27.4.2007 die sofortige Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen und dabei die Haftvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bejaht. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, der geltend macht, es hätten weder die Voraussetzungen für eine Haftanordnung gem. § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG noch gem. § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorgelegen.

II. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Rechtsmittel des Betroffenen erweist sich sowohl im Feststellungsbegehren als auch im Kostenantrag als erfolgreich.

1. Das LG hat festgestellt:

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen sei zulässig. Nach Beschwerdeeinlegung habe sich die Hauptsache durch die Abschiebung des Betroffenen erledigt, so dass dazu eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen könne. Nach Eintritt der Erledigung bleibe das Rechtsmittel aber mit dem hier verfolgten Ziel zulässig, festzustellen, dass die Anordnung der Abschiebungshaft rechtswidrig gewesen sei. Dieser Antrag könne auch mit dem Antrag verbunden werden, der Gebietskörperschaft, der die Ausländerbehörde angehöre, die Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen.

Das Rechtsmittel des Betroffenen sei jedoch nicht begründet. Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Zwar hätten die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht vorgelegen, da ein begründeter Verdacht, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wolle, weder von der Ausländerbehörde behauptet noch vom AG anhand von Tatsachen hätte festgestellt werden können. Das Beschwerdegericht könne die Haftanordnung jedoch auf einen anderen Haftgrund stützen; dies gelte auch im Fortsetzungsfeststellungsverfahren. Hier habe der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorgelegen. Es habe festgestanden, dass die Abschiebung innerhalb der beantragten Haftdauer erfolgen könne. Die im Rahmen dieses Haftgrundes notwendige Ermessensentscheidung hätte das Beschwerdegericht, wenn sich der Betroffene noch in Haft befunden hätte, dahingehend getroffen, dass Abschiebungshaft anzuordnen gewesen wäre. Im Hinblick auf die nicht unerheblichen Kosten, die für eine Luftabschiebung aufgewendet werden müssten und die im Falle eines Scheiterns dieser Luf...

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