Entscheidungsstichwort (Thema)

"Diesel-Abgasskandal": Anforderungen an den Klägervortrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der klägerische Vortrag ist nicht hinreichend schlüssig, soweit der Kläger lediglich vermutet, dass in seinem Fahrzeug unzulässige Abschaltvorrichtungen eingebaut seien (was die Beklagte ausdrücklich und durchgängig bestreitet), ohne dass es für diesen Verdacht eine hinreichende Grundlage gibt.

2. Allein der Umstand, dass andere von der Beklagten produzierte Fahrzeugmodelle (mit einem Motor OM 642 oder einem anderen Motor) von einem Rückruf wegen Abschaltvorrichtungen betroffen sind, ist nicht ausreichend für die Annahme, dass "in allen (!) Fahrzeugmotoren mit der Typenbezeichnung" unzulässige Abschaltvorrichtungen verbaut sind, wie der Kläger meint.

 

Normenkette

BGB § 823; EGV 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2; ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 1, §§ 529, 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 08.05.2019; Aktenzeichen 62 O 1305/18)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 18.10.2019; Aktenzeichen 21 U 3241/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 08.05.2019, Az. 62 O 1305/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16.09.2019.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.

I. Offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Die Berufung hat nach Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

1. Urteil des Landgerichts

Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem so genannten "Diesel-Abgasskandal".

Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw Mercedes Benz GLK 350 CDI, Baujahr 2009. Der Kläger erwarb diesen als Gebrauchtfahrzeug am 9.10.2017 zu einem Preis von 17.250 EUR. Die Beklagte ist Herstellerin des Wagens.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrags, die Feststellung, dass diese zum Schadensersatz verpflichtet ist für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeuges resultieren, sowie Freistellung hinsichtlich der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 22.05.2019 die Klage als unbegründet abgewiesen.

Vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte stünden dem Kläger nicht zu. Denn dieser habe den Pkw nicht von der Beklagten, sondern von einem Dritten erworben ausweislich der als Anlage K1 vorgelegten Kopie der Rechnung über den Erwerb des Fahrzeugs.

Auch deliktsrechtliche Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen zum Vorliegen einer deliktischen Handlung seitens der Beklagten. Der Kläger habe lediglich pauschal behauptet, die Beklagte habe eine spezielle Software, welche die Abgasrückführung je nach Betriebsmodus - Straßenverkehr / Prüfstand - steuere, sowie ein illegales Thermofenster verbaut. Er habe hierzu auf eine Rückrufaktion des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) Bezug genommen und ergänzend die Erholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Der Rückruf des KBA beziehe sich jedoch nur auf bestimmte Motortypen im Zusammenhang mit bestimmten Fahrzeugtypen aus bestimmten Produktionszeiträumen, denen das Fahrzeug des Klägers nicht unterfalle. Auch bezüglich der weiteren Behauptung des Klägers, der Kraftstoffverbrauch und die Abgaswerte des Motors lägen über den Prospektangaben, fehle es an hinreichend substantiierten Vortrag für eine gerichtliche Beweisaufnahme. Insgesamt handele es sich daher um Behauptungen ins Blaue hinein, weshalb die Erholung des beantragten Sachverständigengutachtens einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleich kommen würde.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

2. Berufung

Mit der Berufung begehrt der Kläger unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils eine Entscheidung im Sinne der erstinstanzlich gestellten Anträge, wobei der Zahlungsantrag um 970 EUR divergiert, ohne dass dies näher erläutert wird. Bezüglich des Vortrags im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 22.07.2019 (Bl. 89 ff. d.A.) Bezug genommen. Er rügt im Wesentlichen, das Landgericht habe den klägerischen Vortrag zu Unrecht als nicht ausreichend und ins Blaue hinein qualifiziert. Es hätte ein Sachverständigengutachten erholt werden müssen.

Das Fahrzeug sei "mit mindestens einer illegalen Abschalteinrichtung" ausgestattet. Es seien eine Software verbaut, die die Abgaswerte steuere, je nachdem, ob das Fahrzeug auf dem Prü...

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