Leitsatz (amtlich)

Das Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit fällt, sofern keine Ausübungsgestattung über den Kreis der nach § 1093 Abs. 2 BGB berechtigten Personen vorliegt, nicht in die Insolvenzmasse. Demgemäß ist auch der Insolvenzverwalter nicht befugt, über ein zugunsten des Schuldners im Grundbuch eingetragenes Wohnungsrecht zu verfügen.

 

Normenkette

BGB §§ 875, 889, 1092 Abs. 1, § 1093; GBO § 53 Abs. 1; InsO § 36; ZPO § 857

 

Verfahrensgang

AG Wolfratshausen

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die am 30.4.2010 vorgenommene Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung des Wohnungsrechts in Abt. II/2 zugunsten des Beteiligten zu 2 im Grundbuch des AG Wolfratshausen von Benediktbeuern Blatt 2989 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 EUR.

 

Gründe

I. Zugunsten des Beteiligten zu 2 war im Grundbuch ein Wohnungsrecht auf Lebenszeit, auszuüben in sämtlichen Räumen des Gebäudes und dem Recht auf Alleinbenutzung des Hofraums und des Gartens, gemäß Bewilligung vom 8.8.2005 am 25.8.2005 eingetragen worden. Nach der Bewilligung kann das Wohnungsrecht nur persönlich oder durch die Familie des Wohnungsberechtigten ausgeübt werden; eine Ausübung durch Dritte ist nicht gestattet. Eigentümerin des Grundstücks war seinerzeit die Ehefrau des Beteiligten zu 2. Gemäß Auflassung vom 2.3.2010 wurde der Beteiligte zu 2 als Eigentümer dieses Grundstücks am 19.4.2010 im Grundbuch eingetragen.

Über das Vermögen des Beteiligten zu 2 war bereits am 12.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Insolvenzverwalter ist der Beteiligte zu 1. Mit der Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer des Grundstücks wurde auch der Insolvenzvermerk eingetragen. Gleichzeitig wurde auf Bewilligung und Antrag des Beteiligten zu 1 das Wohnungsrecht gelöscht.

Auf Anregung des Beteiligten zu 2 hat das Grundbuchamt zu dessen Gunsten am 30.4.2010 einen Widerspruch gegen die Löschung des Wohnungsrechts von Amts wegen eingetragen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der sie im Wesentlichen darauf stützt, dass sich der Beteiligte zu 2 nach Insolvenzeröffnung an dem erworbenen Grundstück kein insolvenzfestes oder wirksames Wohnungsrecht habe bestellen können. Denn die Ehefrau des Beteiligten zu 2 habe das Grundstück nur treuhänderisch für diesen gehalten. Die Eintragung des Beteiligten zu 2 im Grundbuch habe gegen Treu und Glauben verstoßen und sei nicht schutzwürdig. Das Grundbuch sei durch die Löschung nicht unrichtig.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es hat ausgeführt, dass auf die Unrichtigkeit des Grundbuchs nach Löschung des Rechts und nicht auf eine eventuelle Unrichtigkeit bei dessen Eintragung abzustellen sei. Bei der Eintragung des Widerspruchs sei die wirksame Entstehung des Rechts nicht zu prüfen, weil für das Grundbuchamt § 891 Abs. 1 BGB gelte. Das Grundbuch sei unrichtig gewesen, weil die zum Erlöschen des Wohnungsrechts erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Notwendig seien die Aufgabeerklärung des Berechtigten und die Löschung des Rechts im Grundbuch. Die Bewilligung der Löschung durch den Insolvenzverwalter führe nicht zum Erlöschen des Rechts, weil dieses nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Das Wohnungsrecht sei nicht übertragbar und deshalb auch nicht pfändbar. Unpfändbare Rechte gehörten nicht zur Insolvenzmasse. Die Löschung hätte also nur aufgrund Erklärung des Berechtigten oder aufgrund Bewilligung des Insolvenzverwalters mit nachträglicher Genehmigung des Berechtigten vorgenommen werden dürfen. Das Grundbuchamt habe unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften gelöscht, weil die Bewilligung des Berechtigten, des Beteiligten zu 2, gefehlt habe. Im Hinblick auf die Möglichkeit eines gutgläubigen lastenfreien Erwerbs des Grundstücks durch einen Dritten lägen die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amtswiderspruchs vor.

Im Beschwerdeverfahren macht der Beteiligte zu 1 noch geltend, dass es einer Bewilligung oder Genehmigung des Insolvenzschuldners hier nicht bedürfe, weil Eigentümer der Immobilie und Wohnberechtigter identisch seien. Im Regelfall gehöre die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nur zur Insolvenzmasse, wenn die Ausnahme des § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben sei. Jedoch handele es sich hier um einen Ausnahmefall. Das Wohnungsrecht sei pfändbar, damit massezugehörig. Lasse sich ein Insolvenzschuldner nach der Insolvenzeröffnung ein Wohnungsrecht eintragen, um die Verwertung der Immobilie zu verhindern oder zu erschweren, sei dies nicht schutzwürdig mit der Folge, dass die Pfändungsregeln nicht zur Anwendung kämen. Der Schutzzweck des § 1092 BGB sei nicht berührt. Wenn der Insolvenzverwalter über die Immobilie verfügen könne, könne er auch das Wohnungsrecht als ein "Weniger" löschen lassen. Auch sei die Bewilligung des Wohnungsrechts seitens der für den Insolvenzschuldner nur treuhänderisch handelnden Ehefrau nach Insolvenzeröffnung absolut unwirksam gewesen. So sei auch ein Nießbrauchsrecht trotz Au...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?