Leitsatz (amtlich)
1. Überschreitet der von der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beschlossene Nennbetrag des bedingten Kapitals den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag i.S.d. § 192 Abs. 3 Satz 1 AktG, führt dies zur Gesamtnichtigkeit des die bedingte Kapitalerhöhung betreffenden Teils des Beschlusses.
2. In diesem Fall ist auch die Eintragung einer bedingten Kapitalerhöhung in Höhe des gesetzlich zulässigen Betrages trotz eines entsprechenden Antrags der Gesellschaft nicht zulässig.
Normenkette
AktG § 192 Abs. 1, 3 S. 1, § 195; BGB § 139
Verfahrensgang
AG München (Verfügung vom 16.06.2011) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des AG München - Registergerichts vom 16.6.2011 in der Fassung vom 14.7.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, deren Grundkapital 708.099.784 EUR beträgt. Zur Eintragung ist u.a. die mit Beschluss der Hauptversammlung vom 15.4.2011 bedingte Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 354.049.892 EUR angemeldet. Bereits mit Beschluss der Hauptversammlung von 23.4.2010, eingetragen im Register am 7.6.2010, wurde das Grundkapital der Gesellschaft um einen Betrag i.H.v. 53.916.185 EUR bedingt erhöht; eine Ausnutzung dieses Erhöhung hat bisher noch nicht stattgefunden. Mit Schreiben vom 16.6.2011 wies das Registergericht darauf hin, dass derzeit ein Eintragungshindernis bestehe, da die zur Eintragung angemeldete bedingte Kapitalerhöhung die gesetzlich vorgesehene Höchstsumme i.S.d. § 192 Abs. 3 Satz 1 AktG übersteige und mit Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden müsse, sofern den gerichtlichen Anforderungen nicht bis zum 1.8.2011 entsprochen werde. Mit Antrag vom 4.7.2011 änderte die Beschwerdeführerin ihren ursprünglichen Antrag dahingehend ab, dass die Hauptversammlung am 15.4.2011 die bedingte Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 300.133.707 EUR beschlossen habe. Der Beschluss der Hauptversammlung sei bezüglich des bedingten Kapitals darauf gerichtet gewesen, dieses auf den gesetzlich zulässigen höchstmöglichen Betrag zu erhöhen, und in diesem Sinne auszulegen. Demgemäß sei auch der diesbezügliche Beschluss der Hauptversammlung vom 15.4.2011 lediglich hinsichtlich des den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag (300.133.707 EUR) überschießenden Betrags (teil) nichtig, so dass der Teil, der innerhalb der Höchstgrenze des § 192 Abs. 3 Satz 1 AktG liegt, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 BGB wirksam und daher eintragungsfähig sei. Mit Schreiben vom 14.7.2011 teilte das Registergericht mit, dass auch durch die Einreichung der neu gefassten Anmeldung das mit Schreiben vom 16.6.2011 beanstandete Eintragungshindernis nicht behoben werden könne, da der Beschluss nicht in dem von der Beschwerdeführerin vertretenen Sinn ausgelegt werden könne. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Registergericht zu dem Ergebnis gelangt, dass trotz geänderter Anmeldung weiterhin das mit Schreiben vom 16.6.2011 erkannte Eintragungshindernis besteht.
1. Das Registergericht hat im Rahmen des § 195 Abs. 1 AktG die Anmeldung des Beschlusses über eine bedingte Kapitalerhöhung in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen (vgl. Hüffer AktG, 9. Aufl., § 195 Rz. 9). Die Prüfung in materieller Hinsicht erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen der bedingten Kapitalerhöhung vorliegen. Das Gericht hat die Eintragung insbesondere dann abzulehnen, wenn der Beschluss nach § 241 AktG nichtig ist.
2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat das Registergericht zutreffend erkannt, dass derzeit die Voraussetzungen für die Eintragung der angemeldeten Satzungsänderung betreffend der bedingten Kapitalerhöhung durch Beschluss der Hauptversammlung vom 15.4.2011 weder in der ursprünglich angemeldeten noch in der berichtigten Fassung (Anmeldung vom 4.7.2011) gegeben sind.
a) Die Eintragung der ursprünglich zur Anmeldung angemeldeten bedingten Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 354.049.892 EUR gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 15.4.2011 verstößt gegen den zulässigen Höchstbetrag i.S.d. § 192 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AktG.
aa) Gemäß § 192 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AktG darf der Nennbetrag des bedingten Kapitals die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Beschlussfassung über die bedingte Kapitalerhöhung vorhanden ist, nicht übersteigen. Bei der Berechnung des zulässigen Höchstbetrages für den Nennbetrag des bedingten Kapitals sind auch Nennbeträge aus früheren bedingten Kapitalerhöhungen, soweit sie noch nicht ausgeschöpft sind, zu berücksichtigen (Hüffer, a.a.O., § 192 Rz. 23). Ausgehend von einem Grundkapital i.H.v. 708.099.784 EUR und unter Berücksichtigung der bereits mit Beschluss der Hauptversammlung vom 23.4.2010 bedingten Kapitalerhöhung i.H.v. 53.916.185 EUR beträgt demgemäß der nach § 192 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AktG gesetzlich zulässige Höchstbetrag für eine weitere bedingte Kapitalerhöhung maximal 300.133.707 EUR. Diesen Betrag hat der Beschlu...