Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts für das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung mehrerer Grundschuldbriefe, die eine Gesamtbriefgrundschuld, aber verschiedene Grundstücke in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken betreffen.
2. Die Unterstellung des Aufgebotsverfahrens unter das Regime der freiwilligen Gerichtsbarkeit schließt eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht in jedem Fall aus.
Normenkette
FamFG §§ 2, 5, 466; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tenor
Als für das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung der nachfolgenden Grundschuldbriefe zuständiges Gericht wird das AG Landsberg a. Lech bestimmt:
Nr. 17637718 des AG Görlitz, Nr. 17489554 des AG Landsberg a. Lech, Nr. 17286831 des AG Pößneck, Nr. 28/2010 des AG Wismar und Nr. 16152797 des AG Göttingen.
Gründe
1. Die Antragsteller begehren die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts für ein Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von fünf Grundschuldbriefen, die eine Gesamtbriefgrundschuld, aber fünf in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken gelegene Grundstücke betreffen.
2. Der Senat nimmt die Bestimmung des zuständigen Gerichts entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vor. Zuständig für das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung der Urkunden ist jeweils das Gericht der belegenen Sache (§ 466 Abs. 2 FamFG), hier also fünf verschiedene AG. In einem solchen Fall war bisher anerkannt, dass eines dieser Gerichte als für das Verfahren zur Kraftloserklärung sämtlicher Grundschuldbriefe zuständiges Gericht erklärt werden kann (vgl. BayObLG Rpfleger 1977, 448 m.w.N.).
Diese Rechtsprechung ist allerdings zu der Rechtslage ergangen, als das Aufgebotsverfahren in der Zivilprozessordnung geregelt war. Zwischenzeitlich ist das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von Urkunden in §§ 466 ff. FamFG geregelt und dem Regime der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellt. § 5 FamFG - das Gegenstück zu § 36 ZPO - enthält keine dem § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO entsprechende Vorschrift. Eine Meinung in der Literatur schlägt vor, § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO weiterhin entsprechend anzuwenden (BL/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 466 FamFG Rz. 3; vgl. auch Bassenge/Roth/A. Walter, FamFG/RPflG, 12. Aufl., § 466 FamFG Rz. 5). Nach anderer Meinung soll auf § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht mehr zurückgegriffen werden können; es gelte § 2 FamFG, wonach unter mehreren zuständigen Gerichten das Gericht zuständig ist, das zuerst mit der Angelegenheit befasst ist (Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 466 Rz. 13; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 466 Rz. 2; Prütting/Helms/Maass, FamFG, § 466 Rz. 2, §§ 442 bis 445 Rz. 6). Diese Lösung mag befriedigen, wenn es sich eindeutig um eine einzige (einheitliche) Angelegenheit handelt, wie die Anwendung des § 2 FamFG voraussetzt, und nicht um mehrere (und seien es auch sachlich zusammenhängende) Angelegenheiten. Greift § 2 FamFG unzweifelhaft ein, kann sich der Antragsteller nach seiner Wahl an eines der zuständigen Gerichte wenden. Im vorliegenden Fall, in dem fünf verschiedene Grundschuldbriefe für fünf verschiedene Grundstücke betroffen sind, kann die Anwendbarkeit des § 2 FamFG aber durchaus zweifelhaft sein. Jedenfalls in solchen zweifelhaften Fällen hält der Senat im Interesse einer beschleunigten Klärung der Zuständigkeit eine analoge Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für zulässig und zweckmäßig.
3. Der Senat bestimmt, wie beantragt, das im Entscheidungssatz genannte AG.
Schutzwürdige Interessen Dritter, die der Bestimmung entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 2625602 |
FGPrax 2011, 156 |
MDR 2011, 752 |
FMP 2011, 76 |