Leitsatz (amtlich)
1. Das Anbringen einer Garderobe im Treppenhaus bedarf als Inanspruchnahme des Alleingebrauchs an Teilen des Gemeinschaftseigentums der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer.
2. An dem Verfahren, das ein Eigentümers gegen einen anderen Eigentümer wegen Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums führt, sind in der Regel die übrigen Eigentümer zwingend zu beteiligen.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 3, §§ 22, 43 Abs. 4 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG Amberg vom 20.10.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin bewohnt die ihr gehörende Eigentumswohnung im zweiten Stock des Anwesens, die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der im Erdgeschoss gelegenen Wohneinheit, welche sie selbst bewohnt. Die Antragsgegnerin erwarb ihr Wohnungseigentum im Jahr 1994. Seit ihrem Einzug hat sie im Treppenhaus vor ihrer Wohnung eine Garderobe an der Wand befestigt und einen Kleiderschrank, eine Kommode und zeitweise auch einen Schirmständer aufgestellt, zudem werden unter der Garderobe Schuhe abgestellt. Die Antragstellerin, die ihr Wohnungseigentum mit notariellem Kaufvertrag vom 22.12.1998 erwarb, rügte erstmals in der Eigentümerversammlung vom 16.1.1999, dass das Treppenhaus im Erdgeschoss als Garderobe verwendet wird. In der Eigentümerversammlung vom 21.7.2001 erhielt ihr Antrag, die Räumung des Treppenhauses zu beschließen, keine Mehrheit.
Das AG hat dem Antrag, die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Beseitigung der Garderobe und sonstiger Möbel auszusprechen, mit Beschl. v. 10.2.2004 entsprochen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG mit Beschl. v. 20.10.2005 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
In der Eigentümerversammlung vom 27.11.2004 fassten die Wohnungseigentümer gegen die Stimme der Antragstellerin den Beschluss, dass Garderoben im Treppenhaus aufgestellt werden dürfen. Dieser Beschluss wurde von der Antragstellerin angefochten; eine rechtskräftige Entscheidung über den Antrag liegt noch nicht vor.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Antragstellerin habe gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG auf Beseitigung der Garderobenanlage und der abgestellten sonstigen Gegenstände. Aus den vorgelegten Fotos ergebe sich, dass es sich bei der Nutzung des Treppenhauses durch die Antragsgegnerin faktisch um die Inanspruchnahme eines Sondernutzungsrechts handele. Zudem läge eine bauliche Veränderung vor.
Ein auch den Sonderrechtsnachfolger bindender Beschluss nach § 10 Abs. 3 WEG liege nicht vor. Eine Vereinbarung habe die Antragsgegnerin nicht substantiiert dargelegt. Auch eine Verwirkung des Beseitigungsanspruchs komme nicht in Betracht, da bereits der Rechtsvorgänger der Antragstellerin die Beseitigung der Garderobe verlangt habe, auch wenn er nicht versucht habe, dies gerichtlich durchzusetzen.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Beseitigung der Garderobenanlage gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG hat.
a) Die fehlende Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer, der Eheleute D., führt nicht dazu, dass der Beschluss des LG wegen dieses formellen Mangels aufzuheben wäre.
Zwar sind die Ehegatten D. Beteiligte gem. § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG. Sie hätten daher sowohl vom AG als auch vom LG beteiligt werden müssen. Ein Fall, in dem nur ein abgrenzbarer Teil der Wohnungseigentümer betroffen ist, liegt nicht vor (Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., § 43 Rz. 16, m.w.N.). Eine Beteiligung hat nicht stattgefunden. Soweit das AG seinen Beschluss formlos den Ehegatten zugeschickt hat, ist dies als Beteiligung unzureichend. Vielmehr sind dem formell Beteiligten Anträge, Termine, Vorbringen, Ermittlungsergebnisse und Entscheidungen mitzuteilen (Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., § 43 Rz. 36).
Grundsätzlich führt die Nichtbeteiligung nach § 27 Abs. 1 S. 2 FGG, § 546, § 547 Nr. 4 ZPO zwingend zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung (OLG Hamburg ZMR 2003, 868 [870]). Eine unterlassene Beteiligung durch die Vorinstanzen kann jedoch dann auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden, wenn eine weitere Sachaufklärung weder notwendig noch zu erwarten ist und nur rechtliches Gehör gewährt werden soll (BGH FGPrax 1998, 15 [16]). Bringt der Beteiligte neue Angriffs- oder Verteidigungs...