Leitsatz (amtlich)
1. Das Alleineigentum von Ehegatten, die dem italienischen Güterrecht unterliegen und im Inland vor dem 15.1.1978 Grundvermögen erworben haben, wurde nicht mit rückwirkender Kraft gesetzlich in den Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft übergeleitet.
2. Das Grundbuchamt hat die Geschäftsfähigkeit des Veräußerers im Beurkundungszeitpunkt bzw. im Zeitpunkt der Vertragsgenehmigung eigenverantwortlich zu prüfen. Die Tatsachengrundlage, aufgrund derer sich begründete Zweifel ergeben können, ist sorgfältig zu ermitteln.
Normenkette
BGB § 104; EGBGB Art. 15 Abs. 1, Art. 220 Abs. 3; GBO § 20; Codice Civile (CC) Art. 177, 228
Verfahrensgang
AG Miesbach (Beschluss vom 21.12.2012; Aktenzeichen HK-3146-13) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Miesbach - Grundbuchamt - vom 21.12.2012 aufgehoben.
II. Die Sache wird an das AG Miesbach - Grundbuchamt - zur anderweitigen Prüfung und Entscheidung über den Eintragungsantrag nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Gründe
I. Die am 15.7.2012 im Alter von 82 Jahren verstorbene Rentnerin Maria L. war ohne Ehevertrag nach italienischem Güterrecht verheiratet. Ihr und ihrem Ehemann war im Jahr 1973 ein Grundstück jeweils zu hälftigem Miteigentum übertragen worden. Frau L. ist als Miteigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Vorbehaltlich einer Genehmigung errichtete der Beteiligte am 26.6.2012 im eigenen und im Namen von Frau L. handelnd eine notarielle Urkunde, in der ihm diese den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück überließ. Am 28.6.2012 genehmigte Frau L. mittels beglaubigter Unterschrift die Überlassung und bestätigte zugleich die Vollmacht, wobei sie auch das In-Sich-Geschäft des Beteiligten ausdrücklich genehmigte.
Gegen die beantragte Eintragung der Auflassung hatte das Grundbuchamt zunächst Bedenken deshalb angemeldet, da bekannt sei, dass für Maria L. im Juli 2012 ein Betreuungsverfahren eingeleitet war, das nach ihrem Tod nicht weiter betrieben wurde. Aufgrund einer persönlichen Anhörung vom 6.7.2012 hätten sich Zweifel an der Geschäftsfähigkeit von Frau L. am 28.6.2012 ergeben. Der Notar erklärte hierauf, dass Frau L. nach seinem Eindruck am 28.6.2012 voll geschäftsfähig gewesen sei. Auch bei einer Vorbesprechung durch seinen Mitarbeiter am 13.6.2012 habe Frau L. die Absicht der Übertragung bestätigt. Nach dem Eindruck des Mitarbeiters sei sie voll geschäftsfähig gewesen. Zudem wurde ein Attest des behandelnden Arztes vom 14.6.2012 vorgelegt, das die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit bestätigte.
Mit Beschluss vom 21.12.2012 hat das AG - Grundbuchamt - den Antrag auf Eigentumsumschreibung zurückgewiesen und dies damit begründet, dass Frau L. und ihr Ehemann im Grundbuch zwar in Bruchteilsgemeinschaft eingetragen seien. Wegen des im Jahr 1975 geänderten italienischen Eherechts, das mit Wirkung zum 15.1.1978 alle Ehen dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft unterstellt habe, sei aber von einer Unrichtigkeit des Grundbuchs auszugehen. Frau L. habe nicht allein über ihren Anteil am Grundstück verfügen können.
Dagegen richtet sich die anwaltliche Beschwerde vom 14.2.2013, der das Grundbuchamt am 27.2.2013 nicht abgeholfen hat.
II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde ist zulässig erhoben (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Sie hat insoweit Erfolg, als das Grundbuchamt die Zurückweisung nicht darauf stützen kann, dass Frau L. nach dem italienischen Ehegüterrecht nicht über ihren Anteil am Grundstück habe verfügen können.
1. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass das Grundbuchamt in der sog. Abhilfeentscheidung der Rechtspflegerin nicht auf den (neuen) Tatsachenvortrag der Beschwerde eingeht, was aber grundsätzlich erforderlich wäre (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 2. Aufl., § 75 Rz. 19). Zudem ergibt sich die Abhilfe in Grundbuchsachen aus § 75 GBO und nicht aus dem von der Rechtspflegerin zitierten § 68 Abs. 1 FamFG. Der Senat ist jedoch nicht gehindert, ohne Rückgabe der Akten an das Grundbuchamt zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens in der Sache selbst zu entscheiden (OLG Köln FGPrax 2011, 172).
2. Das Legalitätsprinzip steht einer Eintragung nicht entgegen, da von der Auflassungsbefugnis der Veräußerin auszugehen ist und sich aus den dem Senat bekannten Tatsachen auch keine ernsthaften Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit ergeben.
a) Zutreffend geht das Grundbuchamt zunächst von der Geltung des italienischen Güterrechts für die im Grundbuch eingetragene Frau L. aus. Aus dem Überlassungsvertrag von 1973 folgt, dass die dort erwerbenden Ehegatten jeweils die italienische Staatsangehörigkeit besaßen. Zudem ist in dem Vertrag angegeben, dass die Ehegatten in keinerlei Gütergemeinschaft lebten. Weil bis zu einer Reform des Familienrechts in Italien, d.h. bis zum 20.9.1975, der gesetzliche Güterstand die Gütertrennung war, lässt der Vertrag den Schluss zu, dass für die Ehegatten das italienische gesetzliche Ehegüterrecht galt.
(1) Die s...