Leitsatz (amtlich)
1. Erhebt der Insolvenzverwalter nach vorinsolvenzlichem Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens die Klage zur Hauptsache, übernimmt er das Kostenrisiko auch im Blick auf die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens; der entsprechende Kostenerstattungsanspruch ist eine Masseverbindlichkeit.
2. Die Frage, ob ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch als Masseverbindlichkeit oder Insolvenzforderung zu behandeln ist, kann nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert werden.
Normenkette
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 104
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 07.01.2016; Aktenzeichen 24 O 1407/12) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 9.139,71 EUR.
Gründe
I. Nach der Kostenregelung im Vergleich vom 06.03.2015 haben von den Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens der Kläger 98% und der Beklagte 2% zu tragen, wobei der Vergleich nach dessen Ziffer III. kein Präjudiz für die zwischen den Parteien streitige Frage sein soll, ob es sich bei den Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens um Masseverbindlichkeiten oder eine Insolvenzforderung handelt.
Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 07.01.2016 die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei zu erstattenden Kosten auf 13.642,81 EUR festgesetzt. In diesem Betrag sind für das selbstständige Beweisverfahren Gerichtskosten in Höhe von 3.534,11 EUR und außergerichtliche Kosten in Höhe von 5.605,60 EUR enthalten.
Gegen die Berücksichtigung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 14.01.2016. Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 12.02.2016 ausgeführt, die Berücksichtigung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sei zu Unrecht erfolgt. Diese Kosten hätten nicht die Qualität einer Masseverbindlichkeit, denn der dem Beklagten grundsätzlich im Zusammenhang mit dem Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossenen selbstständigen Beweisverfahren entstandene Kostenerstattungsanspruch sei als bloße Insolvenzforderung zu qualifizieren, deren Verfolgung nicht dem Kostenfestsetzungsverfahren gemäß den §§ 104 ff. ZPO unterliege, sondern den Vorschriften der Insolvenzordnung. Sie seien also durch Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle gemäß den §§ 174 ff. InsO geltend zu machen. Der Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Der Hinweis der Rechtspflegerin auf den Inhalt des Vergleichs sei unzutreffend, da in diesem festgehalten worden sei, dass eine Qualifizierung der Kosten als Masseverbindlichkeiten gerade nicht vorgenommen werden sollte.
Vorsorglich und hilfsweise hat der Kläger eigene außergerichtliche Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens in Höhe von 6.830,60 EUR zur Nachfestsetzung angemeldet und die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).
Das Rechtsmittel des Klägers bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens als Masseverbindlichkeiten beim Kostenausgleich berücksichtigt.
1. Die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens gehören nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens und werden von der dort getroffenen Kostengrundentscheidung mit umfasst, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses identisch sind (BGH, Beschlüssse vom 18.12.2002 - VIII ZB 97/02 = NJW 2003, 1322; vom 24.06.2004 - VII ZB 34/03 = BauR 2004, 1487; vom 22.07.2004 - VII ZB 9/03 = NJW-RR 2004, 1651 = BauR 2004, 1809; vom 21.10.2004 - V ZB 28/04 = NJW 2005, 294; vom 09.02.2006 - VII ZB 59/05 = NJW-RR 2006, 810; vom 12.09.2013 - VII ZB 4/13 = NJW 2013, 3452; vom 27.08.2014 - VII ZB 8/14 = NJW 2014, 3518; Senat NJW-RR 2000, 1237 und OLGR 2005, 444). Dabei gilt als Kostengrundentscheidung im Hauptsacheverfahren auch eine dort in einem Vergleich getroffene Kostenvereinbarung (Senatsbeschlüsse vom 07.20.2010 - 11 W 2137/10 - und vom 28.09.2012 - 11 W 1781/12; OLG Nürnberg JurBüro 1998, 425; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Auflage, Anhang III Rn. 81; Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage, 91 Rn. 13, Stichwort "selbstständiges Beweisverfahren").
2. Die danach erforderliche Identität der Parteien ist entgegen der Auffassung des Klägers gegeben, obwohl am selbstständigen Beweisverfahren nicht der hiesige Kläger als Insolvenzverwalter, sondern noch die Insolvenzschuldnerin selbst beteiligt war. Der Kläger hat den Hauptsacheprozess als Insolvenzverwalter und damit als gesetzlicher Prozessstandschafter der Insolvenzschuldnerin geführt. Seine Klage steht für die Zwecke der Kostenfestsetzung der Klage der materiellen Rechtsinhaberin gleich (OLG Köln JurBüro 1987, 433; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, a. a. O., Anhang III Rn. 52: vgl. auch BGH, Beschl...