Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung von Geschäftsanteilen, Gesellschafterlisten, Aktualisierte Gesellschafterliste, Registergericht, Stammkapital, Handelsregister, Prozentuale Beteiligung, Kostenentscheidung, Beteiligungsquote, Anteile an einer Personengesellschaft, Beschwerdeführer, Geschäftswertfestsetzung, Nennwert, Nennbetrag, Gesellschaftsanteil, Summe der Nennbeträge, Versagungsgründe, Übersendung, Beschlüsse des Amtsgerichts, Gesellschafterverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Im Fall der Einziehung von Geschäftsanteilen bestimmt sich die prozentuale Beteiligung der verbleibenden Geschäftsanteile nach der Summe ihrer Nennwerte, nicht nach dem Stammkapital.

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 09.12.2021; Aktenzeichen HRB 223341)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts München - Registergericht vom 09.12.2021 (HRB 223341 - Fall 6) wird aufgehoben.

2. Das Registergericht wird angewiesen, die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 15.09.2016 in das Handelsregister nicht aus den im Beschluss vom 09.12.2023 genannten Gründen zu versagen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin ist im Handelsregister eingetragen. Im Jahr 2016 wurden Geschäftsanteile eingezogen, ohne die Nennwerte der verbleibenden Geschäftsanteile aufzustocken. Ende 2021 reichte die Beschwerdeführerin eine auf den 15.01.2016 datierte Gesellschafterliste zur Dokumentation dieser Einziehung beim Handelsregister ein. In dieser Gesellschaftsliste bleibt die Summe der Nennbeträge der verbliebenen Geschäftsanteile hinter dem Stammkapital zurück, und die Beteiligungsquoten der verbliebenen Geschäftsanteile wurden als Verhältnisse des jeweiligen Nennwerts zur Summe der Nennwerte aller Geschäftsanteile berechnet.

Das Amtsgericht München - Registergericht lehnte mit Beschluss vom 09.12.2021 (HRB 223341 - Fall 6) die Aufnahme dieser Gesellschafterliste in das Handelsregister ab. Die Beteiligungsquote eines Geschäftsanteils müsse als Verhältnis seines Nennwerts zum Stammkapital berechnet werden, da eine Einziehung von Geschäftsanteilen keine Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftsanteilen bewirke.

Die Beschwerdeführerin legte gegen diesen Beschluss, der ihr am 14.12.2021 zugestellt wurde, Beschwerde ein. Die Beteiligungsquote eines Geschäftsanteils spiegele dessen wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft wieder. Diese Beteiligung verändere sich infolge einer Einziehung und sei deshalb in Bezug auf die Summe der Nennwerte der verbleibenden Geschäftsanteile zu berechnen.

Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab.

Anfang 2022 wurden die Nennwerte der vorhandenen Geschäftsanteile aufgestockt und eine aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister übersandt.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die Beschwerde ist prozessual nicht überholt, da die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung des Registergerichts weiterhin im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG in ihren Rechten verletzt ist.

Die Übersendung der aktuellen Gesellschafterliste ließ die Pflicht gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG zur Übersendung der Gesellschafterliste vom 15.01.2016 nicht entfallen, da der Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, Informationen über vorangegangene Gesellschafterverhältnisse aus der Abfolge historischer Gesellschafterlisten entnehmen zu lassen (vgl. BeckOK GmbHG/Heilmeier, 57. Ed., § 40 GmbHG, Rn. 9).

2. Die Beschwerde ist begründet, weil die prozentuale Beteiligung der Geschäftsanteile am Stammkapital gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG bezüglich der Summe der Nennwerte der Geschäftsanteile zu bestimmen ist.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser spricht ausdrücklich von der durch den Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelten prozentualen Beteiligung am Stammkapital und nicht von dessen prozentualer Beteiligung am Stammkapital. Gleiches ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung. Dort heißt es: "Die Beteiligungsquote ergibt sich im Verhältnis des betreffenden Nennbetrags zu den Nennbeträgen der anderen Geschäftsanteile" (vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 174). Damit bewirkt die Einziehung, dass ein zuvor existierender Geschäftsanteil nicht mehr dem bisher Berechtigten zusteht, sondern eine anteilige Veränderung der Beteiligungsquoten der übrigen Gesellschafter bewirkt, die zwar nicht rechtlich, wohl aber im Ergebnis der "Anwachsung" des Anteils an einer Personengesellschaft entspricht (vgl. BGH vom 20.11.2018 - II ZR 12/17, Rn. 30).

III. Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist eine Kostenentscheidung (§ 25 Abs. 1 GNotKG) und eine Geschäftswertfestsetzung nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Haufe-Index 16249891

DStR 2024, 12

NZG 2024, 730

DNotZ 2024, 304

NJW-Spezial 2024, 305

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge