Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeitskonzentration für inländische Adoptionsverfahren, in denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, bezieht sich nur auf Verfahren, in denen der Anzunehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

 

Normenkette

AdWirkG § 5; FGG § 43b Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bamberg (Aktenzeichen 7 AR 0011/07)

AG Schweinfurt (Aktenzeichen XVI 0009/06)

 

Tenor

Zuständig für das Adoptionsverfahren ist das AG - Vormundschaftsgericht - Schweinfurt.

 

Gründe

I. Der im Bezirk des AG Schweinfurt wohnhafte Beteiligte zu 1) möchte den 1988 geborenen Sohn seiner Ehefrau als Kind annehmen. Der Beteiligte zu 1) und seine aus Rumänien stammende Ehefrau haben die deutsche Staatsangehörigkeit, der Anzunehmende ist rumänischer Staatsangehöriger. Den notariell beurkundeten Adoptionsantrag haben die Beteiligten an das AG Schweinfurt gerichtet. Nachdem sich in der persönlichen Anhörung vor diesem Gericht herausstellte, dass der Anzunehmende die rumänische Staatsangehörigkeit hat, gab das AG Schweinfurt das Verfahren an das AG Bamberg als für Verfahren, in denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, zentral zuständiges Vormundschaftsgericht im Bezirk des OLG Bamberg ab. Das AG Bamberg lehnte die Übernahme des Verfahrens ab, da nach seiner Auffassung die Zuständigkeitskonzen-tration beim AG, in dessen Bezirk ein OLG seinen Sitz hat, bei einer - hier gegebenen - Volljährigenadoption nicht greife. Das AG Schweinfurt legte die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.

II.1. Das OLG München Ist in dieser Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen den zu verschiedenen Landgerichtsbezirken innerhalb des Bezirks des OLG Bamberg gehörenden AG berufen (§§ 5, 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, Art. 11a AGGVG). Die Voraussetzungen des § 5 FGG liegen vor; beide Vormundschaftsgerichte haben sich für örtlich unzuständig erklärt.

2. Zuständig ist das AG Schweinfurt, in dessen Bezirk der Annehmende wohnt (§ 43b Abs. 2 Satz 1 FGG). Die besondere Zuständigkeitskonzentration für Verfahren, in denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen (§ 43b Abs. 2 Satz 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 AdWirkG), erstreckt sich nicht auf die Annahme von Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, und greift deshalb hier nicht ein.

a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung des AG Schweinfurt, dass i.S.d. § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG "ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen". Zwar richtet sich die Adoption nach deutschem Recht, da der Anzunehmende und sein Ehegatte deutsche Staatsangehörige sind (Art. 22 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Für die Frage eines etwaigen Zustimmungserfordernisses ist jedoch nach Art. 23 Satz 1 EGBGB zusätzlich auf das Heimatrecht des (auch volljährigen) Kindes abzustellen, hier also auf rumänisches Recht. Das ist wegen des verfolgten Schutzzwecks als Sachnormverweisung zu verstehen (BayObLG FGPrax 2005, 65; Palandt/Heldrich BGB 66. Aufl. Art. 23 EGBGB Rz. 2). Es ist unerheblich, ob nach dem von Art. 23 Satz 1 EGBGB berufenen ausländischen Recht überhaupt Zustimmungen erforderlich sind; denn schon die Beantwortung dieser Frage setzt die Anwendung des ausländischen Rechts voraus (OLG Köln FGPrax 2006, 211). Bei dieser Konstellation - Adoptionsstatut ist deutsches Recht, aber über Art. 23 EGBGB ist zusätzlich ausländisches Recht berufen - greift § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG grundsätzlich ein (BayObLG FGPrax 2005, 65; OLG Stuttgart v. 2.12.2003 - 8 AR 22/03, OLGReport Stuttgart 2004, 181 = FamRZ 2004, 1124; OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 69; OLG Hamm v. 11.5.2006 - 15 Sbd 8/06, OLGReport Hamm 2006, 608 = FamRZ 2006, 1463; OLG Karlsruhe v. 22.5.2006 - 19 AR 16/06, OLGReport Karlsruhe 2006, 747 = FamRZ 2006, 1464; OLG Düsseldorf RNotZ 2006, 147; OLG Köln FGPrax 2006, 72; MünchKomm/-Klinkhardt BGB 4. Aufl. Art. 22 EGBGB Rz. 78; Palandt/Heldrich Art. 22 EGBGB Rz. 9; Jansen/Müller-Lukoschek FGG 3. Aufl., § 43b Rz. 62; a.A. OLG Schleswig v. 1.2.2006 - 2 W 17/06, OLGReport Schleswig 2006, 376 = FamRZ 2006, 1142; Maurer FamRZ 2005, 2094).

b) Die Anwendung des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG scheitert jedoch daran, dass § 5 AdWirkG, auf den § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG verweist, nicht gilt, wenn der Angenommene zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 1 Satz 2 AdWirkG; im Folgenden: Erwachsenenadoption). Ist diese Voraussetzung, wie hier, nicht erfüllt, so greift auch die in § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG angeordnete Verweisung nicht ein. Der Senat schließt sich insoweit den OLG Schleswig (FamRZ 2006, 1462) und Stuttgart (FGPrax 2007, 26) an und nicht der gegenteiligen Auffassung des OLG Köln (FGPrax 2006, 211).

Die hier vertretene Auffassung ergibt sich, wie bereits die OLG Schleswig und Stuttgart dargelegt haben, aus Entstehungsgeschichte und Regelungszusammenhang der Verweisungsvorschrift. Sie wurde durch Gesetz vom 5.11.2001 zusammen mit dem Adoptionswirkungsgesetz und anderen Gesetzen zum Schutz von Minderj...

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