Leitsatz (amtlich)
Verfügt die Erblasserin in Ziffer 4 ihres handschriftlichen Testaments hinsichtlich der unbebauten Grundstücksparzelle, dass diese von der (nicht befreiten) Vorerbin nicht verkauft und nicht bebaut werden darf, stellt der in der gleichen Ziffer angefügte zweite Satz "über das ererbte Haus kann sie verfügen wie sie will" dem Gesamtzusammenhang nach lediglich klar, dass sich die Auflagen hinsichtlich des unbebauten Grundstücks nicht auch auf das Hausgrundstück erstrecken sollen; ein Vorausvermächtnis des Hausgrundstücks (§ 2110 Abs. 2, § 2150 BGB) kann damit nicht begründet werden, vielmehr unterliegt der gesamte Nachlass den Beschränkungen der Nacherbfolge.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Entscheidung vom 31.10.2006; Aktenzeichen 5 T 3091/06) |
AG Landsberg a. Lech (Entscheidung vom 06.06.2006; Aktenzeichen VI 440/05) |
Gründe
I.
Die geschiedene, kinderlose Erblasserin ist am 3.8.2005 im Alter von 83 Jahren verstorben. Die Beteiligte zu 1 war seit langem mit ihr befreundet.
Es liegt ein handschriftliches Testament vom 15.2.1998 vor, das auszugsweise wie folgt lautet:
"Testament
Hiermit verfüge ich ... folgendes von Todes wegen.
1.
Zu meiner Alleinerbin setze ich ein Frau K. (Beteiligte zu 1)... .
Frau K. ist nicht befreite Vorerbin.
2.
Nacherbe ist der Bund für Naturschutz der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
3.
Ersatzerbe für Frau K. ist der Bund für Naturschutz der Landesbund für Vogelschutz in Bayern.
4.
Die Vorerbin darf die unbebaute Grundstücksparzelle nicht verkaufen u. nicht bebauen. Über das ererbte Haus kann sie verfügen wie sie es will.
5.
Zur Testamentsvollstreckerin bestimme ich ..., ersatzweise ...
6.
Ich möchte feuerbestattet werden, und zwar auf dem Friedhof in ..."
Die Erblasserin zog 2001 in ein Wohnstift in D. Mit notarieller Urkunde vom 8.10.2002 verkaufte sie sowohl das zuvor von ihr bewohnte Hausgrundstück als auch das benachbarte etwa gleich große unbebaute Grundstück zum Preis von 540.000 EUR. Der Nachlass besteht aus Bankguthaben in Höhe von rund 665.000 EUR.
Die Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als alleinige, nicht befreite Vorerbin ausweist. Sie hat ferner die Auffassung vertreten, dass das Testament hinsichtlich des Hausgrundstücks ein Vorausvermächtnis enthalte und auch der im Nachlass enthaltene Erlös aus dessen Verkauf nicht der Nacherbfolge unterliegen sollte. Der Auslegung des Nachlassgerichts, wonach als alleiniger Nacherbe nur der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (Beteiligter zu 2) eingesetzt sei, stimmte die Beteiligte zu 1 zu. Die als Nacherben in Betracht kommenden Organisationen wurden vom Nachlassgericht nicht beteiligt.
Das Nachlassgericht kündigte mit Beschluss vom 6.6.2006 die Erteilung eines Erbscheins an, der die Beteiligte zu 1 als nicht befreite Vorerbin, den Beteiligten zu 2 als alleinigen Nacherben ausweist und die von der Beteiligten zu 1 angestrebte Einschränkung der Nacherbenrechte nicht enthält. Dagegen legte die Beteiligte zu 1 Beschwerde ein mit dem Ziel, das Vorausvermächtnis in den Erbschein aufzunehmen. Das Landgericht gab dem Beteiligten zu 2 Gelegenheit zur Stellungnahme und wies mit Beschluss vom 31.10.2006 die Beschwerde zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde, mit der die Beteiligte zu 1 weiterhin die Aufnahme des Vorausvermächtnisses verfolgt und außerdem geltend macht, Nacherbe sei neben dem Beteiligten zu 2 auch der Bund Naturschutz, dem die Erblasserin die gleiche Sympathie entgegengebracht habe.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beteiligte zu 1 ist als Vorerbin beschwerdebefugt auch hinsichtlich der Angaben über die Nacherben im Erbschein (vgl. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 20 Rn. 75).
Das Rechtmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Nachlassgericht, weil vor Erlass des Vorbescheids die gebotene Beteiligung der als Nacherben in Betracht kommenden Organisationen unterblieben ist. Das den möglichen Nacherben versagte rechtliche Gehör ist auch nicht vollständig im Beschwerdeverfahren nachgeholt worden. Das Landgericht hat nämlich nur den Beteiligten zu 2 beteiligt, nicht aber den weiteren möglichen Nacherben, den Bund Naturschutz.
Hingegen ist die weitere Beschwerde erfolglos, soweit sie beantragt im Erbschein auszuweisen, dass sich die Nacherbenrechte nicht auf den Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks Flurnummer 3030/7 der Gemarkung H. erstrecken.
1.
Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Auslegung der letztwilligen Verfügung führe nicht zu dem von der Beteiligten zu 1 gewünschten Ergebnis, wonach der Erlös aus dem Verkauf des Hausgrundstückes aus der Nacherbregelung ausgeklammert sei. Die Erblasserin habe in Ziffer 1 des Testaments die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin eingesetzt, ihre Erbenstellung aber als die einer nicht befreiten Vorerbin ausgestaltet. Ihr stehe damit die Nutzung des Nachlasses bis zum Eintritt des Nacherbfalles zu, die Substanz sei jedoch dem Nacherben zugeordnet, e...