Entscheidungsstichwort (Thema)
Legitimationswirkung der Abtretungsanzeige
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 409 Abs. 1 BGB ist zwar unanwendbar, wenn der angezeigten Abtretung ein Abtretungsverbot entgegensteht. Denn die Vorschrift geht davon aus, dass der Gläubiger, der die Abtretungsanzeige oder Abtretungsurkunde ausstellt, über die Forderung verfügen kann; nur dann ist es nämlich gerechtfertigt, ihn trotz der Unwirksamkeit der angezeigten Abtretung an seiner Erklärung festzuhalten.
2. Der Fall einer Nichtigkeit der konkreten Abtretungsvereinbarung und des zugrundeliegenden Kausalgeschäftes gemäß § 134 BGB ist damit nicht vergleichbar. Denn es steht einem Abtretungsverbot nicht gleich, wenn der bisherige Gläubiger verfügungsbefugt war, aber "nur" das konkrete Kausalgeschäft sowie infolgedessen auch die konkrete Abtretungsvereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB verstießen. § 409 Abs. 1 BGB ist in einem solchen Fall vielmehr sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Regelung anwendbar.
Normenkette
BGB §§ 134, 409 Abs. 1, § 413
Verfahrensgang
LG München (Beschluss vom 13.06.2017; Aktenzeichen 25 U 168/17) |
LG München (Beschluss vom 16.12.2016; Aktenzeichen 26 O 6643/16) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16.12.2016, Az. 26 O 6643/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Einwendungen der Berufung sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
I.
Die von der ... Immobilienhandels GmbH (im Folgenden ...GmbH) ausgesprochene Kündigung des streitgegenständlichen Rentenversicherungsvertrages ist im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter als wirksam zu behandeln, der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes ist durch die Zahlung an die ... GmbH durch Erfüllung erloschen. Damit ist das Feststellungsbegehren der Klägerin unbegründet; es besteht auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dabei kann offen bleiben, ob der Kaufvertrag zwischen der ... GmbH und der Klägerin wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 32 KWG und/ oder §§ 3, 2 Abs. 2 RDG) gemäß § 134 BGB nichtig ist und ob die Nichtigkeit auch die vorliegende Abtretung erfassen würde. Denn die Beklagte kann sich, wie das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden hat, jedenfalls auf den Schutz des § 409 Abs. 1 BGB berufen. Gegenüber der Beklagten als Schuldnerin galt die ... GmbH nach dieser Vorschrift als berechtigt, über die an sie abgetretenen Ansprüche und Rechte aus dem Rentenversicherungsvertrag zu verfügen.
Nach § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB muss der Gläubiger, der dem Schuldner anzeigt, dass er die Forderung abgetreten hat, die angezeigte Abtretung - die hier auch das Recht der ... GmbH zur Kündigung umfasste, § 413 BGB i.V.m. § 409 Abs. 1 BGB - gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Nach § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Abtretungsanzeige gleich, wenn der Gläubiger dem neuen Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt.
Vorliegend hat die ... GmbH der Beklagten mit Schreiben vom 25.08.2009 (Anlage BLD 2) die von der Klägerin unterschriebene Abtretungsanzeige vom 19.08.2009 (Anlage BLD 3) übersandt und im Anschluss daran mit Schreiben vom 08.09.2009 (Anlage BLD 4) u.a. die streitgegenständliche Versicherung gekündigt, welche sodann von der Beklagten mit Schreiben vom 29.09.2009 (Anlage BLD 5) abgerechnet und der Rückkaufswert ausbezahlt wurde. Die Abtretungsanzeige vom 19.08.2009 stellt eine im Sinne des § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, die von der S& K GmbH als Bote überbracht werden konnte (vgl. Roth/ Kieninger in MünchKomm BGB, 7. Aufl., § 409 Rn. 5); zudem erfüllt sie die Voraussetzungen einer Urkunde gemäß § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach ihrem Wortlaut greift die Vorschrift also.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 409 Abs. 1 BGB hier deshalb nicht anwendbar sei, weil die Abtretung der Rechte aus dem Rentenversicherungsvertrag nichtig sei, da der der Abtretung zugrundeliegende, zwischen ihr und der ... GmbH abgeschlossene Forderungskaufvertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, § 134 BGB. Der Schuldnerschutz des § 409 Abs. 1 BGB besteht auch und gerade in einem solchen Fall. Der Senat hält insoweit an seiner den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannten Rechtsauffassung aus dem Urteil vom 07.04.2017 im Verfahren 25 U ...