Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Wiederherstellung ursprünglicher Anordnungen des Erblassers - Fehlen des rechtlichen Interesses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Träger der Sozialhilfe ist nicht beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, wenn das Nachlassgericht Anordnungen des Erblassers gegenüber dem Testamentsvollstrecker abändert oder außer Kraft setzt und dies Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage des Vorerben hat. Insoweit handelt es sich lediglich um eine wirtschaftliche Betroffenheit, die grundsätzlich kein Beschwerderecht begründet.
2. Eine Behörde ist grundsätzlich nur dann beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 Abs. 3 FamFG, wenn eine konkrete Norm, die die Intention des Gesetzgebers an der Mitwirkung der Behörde im Verfahren erkennen lässt, vorhanden ist.
Normenkette
BGB § 2216; FamFG § 59 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Traunstein (Beschluss vom 29.11.2013; Aktenzeichen VI 854/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Traunstein - Nachlassgericht - vom 29.11.2013 wird verworfen.
2. Der Beteiligte zu 3 hat die den übrigen Beteiligten erwachsenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 184.080 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die verwitwete Erblasserin ist am... kinderlos verstorben und hat durch handschriftliches Testament vom... ihre Nichte, die Beteiligte zu 1 als Vorerbin eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet und zugleich umfangreiche Verwaltungsanordnungen für den Testamentsvollstrecker getroffen.
Die Beteiligte zu 1 leidet seit vielen Jahren an einer psychischen Erkrankung und steht unter Betreuung; sie ist derzeit in einer Einrichtung des Beschwerdeführers untergebracht und erhält vom Beschwerdeführer Sozialhilfeleistungen.
Der Beteiligte zu 2 ist vom Nachlassgericht als Testamentsvollstrecker bestellt worden.
Er hat beim Nachlassgericht beantragt, bestimmte Anordnungen der Erblasserin aus dem Testament vom... hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2216 BGB abzuändern.
Dem hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 29.11.2013 entsprochen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, durch diese vom Nachlassgericht vorgenommene Änderung der Anordnungen der Erblasserin hinsichtlich der im Testament vom... angeordneten Testamentsvollstreckung in eigenen Rechten verletzt worden zu sein.
II. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerde bereits unzulässig ist.
1. Dabei kann nach Ansicht des Senats dahinstehen, ob die Beschwerde bereits deshalb unzulässig ist, weil der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist des § 63 FamFG versäumt hat. Auf die kontrovers diskutierte Frage, ob § 63 Abs. 3 FamFG auch dann anzuwenden ist, wenn ein bislang nicht am Verfahren Beteiligter erstmals nach Ablauf der Beschwerdefrist Beschwerde einlegt, kommt es nicht an.
2. Der Beschwerdeführer ist hier jedenfalls deshalb nicht beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 FamFG, weil er weder die Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts rügen kann (Abs. 1), noch folgt seine Beschwerdeberechtigung aus § 59 Abs. 3 FamFG.
a) Eine Beschwerdeberechtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG liegt nicht vor.
aa) Für diese ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht erforderlich. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Nicht ausreichend sind demgegenüber lediglich wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige berechtigte Interessen (BGH FamRZ 2013, 1035; OLG München FamRZ 2016, 1387; OLG Hamm FGPrax 2014, 165/166; NK-Nachfolgrecht/Horn 1. Auflage [2014] § 59 Rn. 2; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Auflage [2017], § 59 Rn. 2).
bb) Ein derartiges subjektives Recht des Beschwerdeführers ist aber nicht ersichtlich.
Ziel der Beschwerde ist es, die ursprünglichen Anordnungen der Erblasserin gegenüber dem Testamentsvollstrecker wiederherzustellen. Davon erhofft sich der Beschwerdeführer, dass Vermögen, das jetzt der Testamentsvollstreckung unterliegt, freigegeben wird mit der Folge, dass die Vorerbin dann selbst leistungsfähig wäre und der Beschwerdeführer deswegen seinerseits von der Erbringung von Sozialleistungen gegenüber der Vorerbin befreit würde.
Dieses Interesse des Beschwerdeführers ist aber kein rechtliches Interesse im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, sondern allenfalls ein - unbeachtliches - wirtschaftliches Interesse.
(1) Zweck der Testamentsvollstreckung ist es, die Anordnungen des Erblassers auszuführen. Der Erblasser hat somit über seinen Tod hinaus die Möglichkeit, auf den Nachlass Einfluss zu nehmen (Kroiß in: NK-BGB 4. Auflage [2014] vor § 2197 Rn. 4). Somit beschränkt die Testamentsvollstreckung von Anfang an die Rechte des Erben im Hinblick auf...