Leitsatz (amtlich)
1. Unterbleibt in einem Versäumnisurteil ein Ausspruch über die Kosten der Nebenintervention, weil das Gericht rechtsirrig davon ausgeht, dass hierüber bereits mit der Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits entschieden sei, so ist eine Berichtigung im Wege des § 319 ZPO nicht möglich. Es verbleibt in diesem Falle nur der (befristete) Antrag auf Urteilsergänzung nach § 321 ZPO.
2. Ein Kostenfestsetzungsantrag kann regelmäßig nicht als Antrag auf Ergänzung einer Kostengrundentscheidung ausgelegt werden.
Normenkette
ZPO §§ 319, 321
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 10 HKO 11179/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG München I vom 25.4.2003 aufgehoben.
II. Die Streithelferin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 869 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Mit Versäumnisurteil vom 29.1.2003 hat das LG die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Über die Kosten der Nebenintervention wurde im landgerichtlichen Urteil nicht befunden.
Mit Beschluss gem. § 319 ZPO vom 25.4.2003 hat das LG die Kostenentscheidung des Versäumnisurteils dahin gehend berichtigt, dass sie wie folgt lautet:
„Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschl. der Kosten der Nebenintervention.”
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, die eine Berichtigung des Urteils gem. § 319 ZPO für nicht statthaft hält.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Zu Recht hat das LG mit Verfügung des Vorsitzenden vom 13.3.2003 die Parteien darauf hingewiesen, dass nur eine Urteilsergänzung in Betracht komme, wobei die Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO bereits verstrichen sei. Der vom LG gleichwohl erlassene Berichtigungsbeschluss gem. § 319 ZPO vom 25.4.2003 war daher aufzuheben.
a) Eine Berichtigung gem. § 319 Abs. 1 ZPO war unzulässig, da das Versäumnisurteil vom 29.1.2003 keine „offenbaren Unrichtigkeiten” im Sinne dieser Vorschrift enthält. Auslassungen und Unvollständigkeiten unterfallen nur dann § 319 ZPO, wenn sie versehentlich sind und sich dies aus dem Gesamtzusammenhang zwischen Entscheidungsformel und Entscheidungsgründen ersehen lässt (OLG Hamm, Beschl. v. 26.6.2000 – 22 W 30/00, MDR 2000, 1149 = NJW-RR 2000, 1524; Zöller/ZPO, 23. Aufl., § 319 ZPO Rz. 10). Daran fehlt es hier. Nach Sachlage hat das LG über die Kosten der Nebenintervention bewusst deshalb nicht befunden, da es der Ansicht war, dass hierüber bereits mit der Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits entschieden sei.
Ein solcher Rechtsirrtum, mithin eine falsche Willensbildung des Gerichts, kann mit den Mitteln des § 319 ZPO gerade nicht korrigiert werden (BGH, Urt. v. 12.1.1984 – III ZR 95/82, MDR 1984, 824 = NJW 1985, 742; Zöller/ZPO, 23. Aufl., § 319 ZPO Rz. 4; offen gelassen im BGH, Urt. v. 14.7.1994 – IX ZR 193/93, MDR 1994, 1142 = ZIP 1994, 1388 [1390]).
b) Wurde eine Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention übersehen oder ist sie – wie hier – bewusst unterblieben, verbleibt dem Streithelfer nur ein Antrag auf Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO (OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.6.1998 – 20 W 4/98, MDR 1999, 116 [117]; OLG Hamm, Beschl. v. 26.6.2000 – 22 W 30/00, MDR 2000, 1149 = NJW-RR 2000, 1524; Zöller/ZPO, 23. Aufl., § 321 ZPO Rz. 3).
Einen solchen Ergänzungsantrag hat die Streithelferin, der das Versäumnisurteil am 14.2.2003 zugestellt wurde, innerhalb der 2-Wochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO nicht gestellt. Vielmehr ist ihr auf Berichtigung abzielender Antrag erst am 13.3.2003 bei Gericht eingegangen. Einen Versuch, auf den Hinweis der Rechtspflegerin vom 6.3.2003 oder die Hinweise des Vorsitzenden in der Verfügung vom 13.3.2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen (dazu Zöller/ZPO, 23. Aufl., § 321 ZPO Rz. 6), hat die Streithelferin nicht unternommen.
Ein Ergänzungsantrag i.S.d. § 321 ZPO kann auch nicht im Kostenfestsetzungsantrag der Streithelferin vom 30.1.2003 gesehen werden. Zwar ist anerkannt, dass ein solcher Ergänzungsantrag auch schon vor Zustellung des ergänzungsbedürftigen Urteils gestellt werden kann. Jedoch muss sich aus einem solchen Antrag stets ergeben, in welchem Sinne ein konkret zu bezeichnendes Urteil ergänzt werden soll.
Daran fehlt es hier. Der gestellte Kostenfestsetzungsantrag setzt das Bestehen einer Kostengrundentscheidung voraus und kann daher regelmäßig nicht als Antrag dahin gehend verstanden werden, eine solche Kostengrundentscheidung erst zu schaffen (ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.6.1998 – 20 W 4/98, MDR 1999, 116 [117]).
Mithin muss es bei dem rechtskräftigen Versäumnisurteil vom 29.1.2003 sein Bewenden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 3 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO sind nicht erfüllt.
Dr. Goller Fiebig Dr. Barwitz
VorsRiOLG RiOLG RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108254 |
NJW-RR 2003, 1440 |
KammerForum 2003, 410 |
OLGR-MBN 2003, 43... |