Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Verjährungsverzicht
Normenkette
BGB §§ 197, 225; VVG § 115 Abs. 2 S. 3; ZPO § 522 Abs. 2, § 531 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 29.06.2020; Aktenzeichen 032 O 4294/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29.06.2020, Az. 032 O 4294/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.
Gründe
I. Die Parteien streiten über den Beitragsregress eines Versicherten der Klägerin, der am 29.10.1993 bei einem von einem Versicherungsnehmer der Beklagten verursachten Verkehrsunfall schwer verletzt wurde.
Das Landgericht Augsburg hat der Klägerin Regressansprüche für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.12.2018 in Höhe von 122.344,34 EUR nebst Zinsen ab 21.12.2018 zugesprochen und festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz weiterer Leistungen der Klägerin sowie zur Durchführung des Beitragsregresses gem. §§ 116, 119 SGB X hinsichtlich der Folgen des Verkehrsunfalls verpflichtet ist.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen das Urteil, nur soweit sie zur Zahlung von mehr als 40.428,74 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist. Sie hält die Ansprüche bis einschließlich 31.12.2014 für verjährt, da der allgemeine Verjährungsverzicht der Beklagten mit der Wirkung eines Feststellungsurteils abgegeben worden sei und sich daher nur auf das Stammrecht beziehe. Daher unterlägen die wiederkehrenden Ansprüche der regelmäßigen Verjährung.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Der von der Beklagten erklärte allgemeine Verjährungsverzicht enthalte keine Einschränkung auf die Wirkung eines Feststellungsurteils. Im Übrigen sei die Verjährung seit der erstmaligen Geltendmachung von Ansprüchen durch die Klägerin am 15.03.1994 gemäß § 3 Nr. 3 S. 3 der damals gültigen Fassung des Pflichtversicherungsgesetzes gehemmt, da niemals eine Entscheidung der Beklagten über die Ansprüche ergangen sei.
II. Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
1. Die in der Berufungsinstanz nach Grund und Höhe nicht mehr streitigen Regressansprüche der Klägerin aus § 119 SGB X i. V. m. §§ 7, 17, 18 StVG, § 115 VVG (bzw. § 3 PflVG aF) sind nicht teilweise verjährt.
Das Landgericht Augsburg hat den allgemeinen Verjährungsverzicht, den die Beklagte am 25.11.1992 für die Versicherungen der ...-Gruppe der Klägerin (damals noch LVA ...) gegenüber abgegeben hat, zutreffend dahin ausgelegt, dass er keine Einschränkung auf die Wirkungen eines Feststellungsurteils enthält.
a) Wie das Landgericht unter Hinweis auf Küppersbusch/Höher (Ersatzansprüche bei Personenschaden, 13. Aufl. 2020, Rn. 815) dargelegt hat, war unter dem alten Verjährungsrecht, das bis zum 31.12.2001 galt, trotz § 225 BGB alte Fassung anerkannt, dass der Berechtigte die Arglisteinrede erheben konnte, wenn sich der Schuldner trotz eines Verjährungsverzichts auf die Einrede der Verjährung berief. Sowohl unter dem alten als auch unter dem neuen Verjährungsrecht, das einen Verjährungsverzicht bis zur Grenze von 30 Jahren gemäß § 202 Abs. 2 BGB gestattet, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Verzicht uneingeschränkt oder mit der Wirkung eines Feststellungsurteils abgegeben wurde, was die kurze Verjährung der aus dem Stammrecht folgenden wiederkehrenden Ansprüche nach § 197 BGB alte Fassung (damals vier Jahre) bzw. § 197 Abs. 2 BGB in der aktuellen Fassung (regelmäßige kenntnisabhängige Verjährung in drei Jahren) zur Folge hätte. Für die Wirkung eines Feststellungsurteils kann etwa sprechen, wenn der Haftpflichtversicherer des Schädigers dem Geschädigten ein schriftliches Anerkenntnis, mit dem er dessen materiellen Zukunftsschaden dem Grunde nach anerkennt, erteilt, um ihm eine Feststellungsklage zu ersparen (BGH, Urteil vom 23.10.1984 - VI ZR 30/83 -, NJW 1985, 791).
b) Der allgemeine Verjährungsverzicht vom 25.11.1992 wurde von der Beklagten aber nicht in Hinblick auf den konkreten Schadensfall abgegeben, um der Klägerin die Erhebung einer Feststellungsklage zu ersparen. Er erfolgte vielmehr allgemein für die Regressabwicklung zwischen den dort genannten vier Unternehmen der ...- Gruppe und der Klägerin "für Schadensfälle, die ab 01.01.1993 eintreten". Einzige Voraussetzung für den Verjährungsverzicht ist, dass "solche Ansprüche innerhalb der noch laufenden 3-jährigen Verjährungsfrist angemeldet worden sind, im Zeitpunkt der Anmeldung also noch nicht verjährt waren." Die Regelung sollte "auch für zurückliegende und bei der ... angemeldete Schadenfälle, es sei denn, daß schon eine anderweitige Einzelfallregelung getroffen wurde", gelten.
Gerade der letzte Satz lässt e...