Leitsatz (amtlich)
Bei Abschluss eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO entsteht keine Verhandlungsgebühr nach § 35 BRAGO.
Normenkette
BRAGO § 35
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 2 HKO 2408/02) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 283 Euro.
Gründe
Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die in vollem Umfang erstattungsberechtigte Klägerin dagegen, dass der RPfleger die Festsetzung einer (halben) Verhandlungsgebühr abgelehnt hat. Diese Gebühr sei nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO i.V.m. § 35 BRAGO angefallen. Im vorliegenden Verfahren sei nach § 128 ZPO die mündliche Verhandlung vorgeschrieben. Die Parteien hätten jedenfalls konkludent durch Mitteilung der Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlags ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. Durch das Gericht sei auch ohne mündliche Verhandlung durch die Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 ZPO entschieden worden.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. In sachlicher Hinsicht hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Die Vorinstanz hat die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr nach §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 35 BRAGO zu Recht abgelehnt. Eine Verhandlungsgebühr kann im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht anfallen.
Dies ergibt sich jedenfalls daraus, dass der in § 278 Abs. 6 ZPO vorgesehene Beschluss keine gerichtliche Entscheidung i.S.v. § 35 BRAGO darstellt. Bei dieser Entscheidung muss es sich entweder um eine Endentscheidung oder um eine Entscheidung handeln, durch die die Endentscheidung sachlich vorbereitet wird (vgl. Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 15. Aufl., § 35 Rz. 4; Hansen, BRAGO, 8. Aufl., Rz. 8 zu § 35; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 35 Rz. 11). Eine solche Entscheidung ergeht im Fall des § 278 Abs. 6 ZPO nicht. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen gerichtlichen Vergleich, dessen Besonderheit nur darin besteht, dass er nicht in einer mündlichen Verhandlung abgeschlossen wird, sondern dadurch, dass die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsätze ggü. dem Gericht annehmen (§ 278 Abs. 6 S. 1 ZPO). Die Rechtsnatur eines solchen schriftlichen Vergleichs unterscheidet sich nicht von der Rechtsnatur eines in der mündlichen Verhandlung protokollierten Vergleichs (vgl. Thomas/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 278 Rz. 16; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 278 Rz. 25). Allerdings stellt das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des im schriftlichen Verfahren geschlossenen Vergleichs durch einen Beschluss fest (§ 278 Abs. 6 S. 2 ZPO).
Wie sich aus der ausdrücklichen Regelung in § 278 Abs. 6 S. 3 ZPO ergibt, ersetzt dieser Beschluss aber nur die gerichtliche Protokollierung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 279 Rz. 24). Dementsprechend kann der Beschluss des Gerichts auch nur wie das Verhandlungsprotokoll nach § 164 ZPO berichtigt werden und ist auch nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (vgl. Thomas/Reichhold, ZPO, 24. Aufl., § 278 Rz. 18). Eine gerichtliche Endentscheidung oder eine gerichtliche Entscheidung, mit der eine solche Endentscheidung sachlich vorbereitet wird, wird im vorliegenden Fall nicht erlassen. Für eine solche Entscheidung wäre auch im Hinblick auf den von den Parteien abgeschlossenen Vergleich kein Raum.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
VorsRiOLG, RiOLG, RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108165 |
FamRZ 2004, 212 |
NJW-RR 2003, 788 |
JurBüro 2003, 248 |
ZAP 2003, 654 |
MDR 2003, 533 |
Rpfleger 2003, 385 |
AGS 2003, 196 |
BRAGOreport 2003, 72 |
RENOpraxis 2003, 129 |
KammerForum 2003, 273 |
OLGR-MBN 2003, 168 |