Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde, Versicherungsnehmer, Anordnung, Rechtsmittel, Versicherer, Akteneinsicht, Ausschluss, Feststellung, Verfahren, Festsetzung, Prozesskosten, Auslagenvorschuss, Unwirksamkeit, Unterlagen, sofortige Beschwerde, sofortigen Beschwerde, Treu und Glauben
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 10.03.2023; Aktenzeichen 12 O 12077/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 10.03.2023, Az. 12 O 12077/21, wird verworfen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien, Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen, Feststellung der Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen und Ersatz von Anwaltskosten in Anspruch. Er macht geltend, dass mehrere Erhöhungen formell und materiell unwirksam seien.
Im Termin vom 07.02.2023 hat die Beklagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 172 Nr. 2 GVG) einen USB-Stick mit vertraulichen Unterlagen zur Rechtfertigung der Prämienerhöhungen vorgelegt, um einer Anordnung des Gerichts gem. § 142 ZPO nachzukommen. Mit Verfügung vom 09.02.2023 hat das Landgericht diese Anordnung insoweit zurückgenommen als es verfügt hat, dass der Kläger vor Kenntnisnahme dieser Unterlagen seiner Pflicht nachzukommen habe, sein Bestreiten der materiellen Rechtsmäßigkeit der Beitragsanpassungen zu konkretisieren. Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 07.03.2023 Stellung genommen.
Am 10.03.2023, an den Klägervertreter zugestellt am 21.03.2023, verkündete das Landgericht einen Beweisbeschluss. Zur Überprüfung der Behauptung der Klagepartei, dass mehrere Prämienanpassungen nicht richtig nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechnet worden seien, ordnete es die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens an und verfügte, dass der Kläger hierfür einen Auslagenvorschuss in Höhe von 4.000,00 EUR einzuzahlen habe.
Unter dem 24.03.2023 zahlte der Kläger den geforderten Auslagenvorschuss ein.
Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 30.03.2023 wendet sich der Kläger dennoch gegen die Anordnung der Vorschusspflicht zu seinen Lasten.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 21.04.2023 nicht abgeholfen.
Mit Schriftsatz vom 27.04.2023 stellte der Kläger klar, dass die Einzahlung des Auslagenvorschusses nur zur Fristwahrung erfolgt sei und dass die Akten dem Beschwerdegericht vorzulegen seien. Die geschah mit weiterem Beschluss des Landgerichts vom 04.05.2023.
II. Die sofortige Beschwerde gegen die Vorschussanforderung ist unstatthaft und ist daher kostenpflichtig zu verwerfen.
Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 ZPO). Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Anforderung eines Vorschusses nach §§ 402, 379 ZPO grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben (BGH, Beschluss vom 3.3.2009 - VIII ZB 56/08, NJW-RR 2009, 1433 Rn. 8 mwN). Auch bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit (dazu sogleich unter III.) ist der Beschwerdeweg nicht eröffnet (vgl. BeckOK ZPO/Wulf, 48. Ed. 1.3.2023, ZPO § 567 Rn. 13, 14 mwN).
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.05.2023 - 38 U 6499/22, zur Veröffentlichung vorgesehen):
1. Einer Beweisaufnahme hat grundsätzlich ein substantiierter schriftsätzlicher Sachvortrag des Beweisführers gefolgt von einem wirksamen schriftsätzlichen Bestreiten der Gegenpartei voranzugehen. Der schriftsätzliche Vortrag und die begleitenden Anlagen sowie das schriftsätzliche Bestreiten sind zur Akte zu nehmen. Sie werden, soweit sie vorbehaltslos eingereicht worden sind, zum Aktenbestandteil und unterliegen der Akteneinsicht nach § 299 Abs. 1 ZPO (BGH, Beschluss von 14.1.2020 - X ZR 33/19 - Akteneinsicht XXIV, GRUR 2020, 327 Rn. 15, 16). Soweit sie mit dem Vorbehalt eingereicht worden sind, dass sie der Gegenseite nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zugänglich gemacht werden dürfen, werden sie jedenfalls dann nicht zum Bestandteil der Prozessakten, wenn das Gericht mit Rücksicht auf diesen Vorbehalt von einer Weitergabe an den Gegner absieht. Sie dürfen dann bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden (BGH, Beschluss von 14.1.2020 - X ZR 33/19 - Akteneinsicht XXIV, GRUR 2020, 327 Rn. 18, 23). Vorbehaltlos eingereichte Schriftsätze sind samt Anlagen der Gegenseite in Abschrift zugänglich zu machen (Greger in Zöller, ZPO, 33. Aufl. § 270 Rn. 1 mwN).
2. Der Versicherer ist für die tatsächlichen Umstände, aus denen er die Berechtigung zur Beitragserhöhung ableitet, darlegungs- und beweispflichtig und zwar unabhängig von der Einkleidung der Klage des Versicherungsnehmers als Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht - ...