Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr: Verspätetes Erscheinen des Prozessbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Erscheint der Prozessbevollmächtigte zum Gerichtstermin erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung während der Urteilsverkündung, erwächst ihm dadurch nicht die Terminsgebühr.

 

Normenkette

RVG Vorbemerkung 3 Abs. 3.

 

Verfahrensgang

AG Landshut (Beschluss vom 14.04.2008; Aktenzeichen 005 F 01399/05)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Klägerin ist für die vorliegende Klage auf Trennungsunterhalt gem. Beschluss des OLG München vom 7.4.2006 (Az: 16 WF 941/06) für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt O. bewilligt worden. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim AG hat die an Rechtsanwalt O. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung mit Beschluss vom 23.11.2007 auf 316,18 EUR festgesetzt. Die dagegen von dem beigeordneten Rechtsanwalt eingelegte Erinnerung hat das AG mit Beschluss vom 14.4.2008 zurückgewiesen. Dagegen hat Rechtsanwalt O. mit Schriftsatz vom 28.4.2008 Beschwerde eingelegt. Er wendet sich - wie schon mit der Erinnerung - gegen die Absetzung der geltend gemachten Terminsgebühr i.H.v. 226,80 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Zur Begründung verweist er auf die Sitzungsniederschrift über den Verhandlungstermin vom 23.10.2006, an deren Ende Folgendes protokolliert ist:

"Der Vorsitzende verkündet sodann das anliegende Teil-Anerkenntnis- und Endurteil.

Der Vorsitzende begründet sodann dieses Urteil kurz mündlich. Im Laufe der Begründung erscheint der Klägervertreter und erklärt, er habe aus gesundheitlichen Gründen nicht eher kommen können. Einer Unterbrechung der Verhandlung in der Unterhaltssache bedürfe es aber nicht."

II. Die Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts ist zulässig (§§ 33 Abs. 3, 56 Abs. 2 Satz 1 RVG).

Das Rechtsmittel bleibt aber ohne Erfolg. Die geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) ist für den der Klägerin beigeordneten Rechtsanwalt nicht angefallen.

Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Insbesondere hat der beigeordnete Rechtsanwalt die Klägerin nicht in dem Verhandlungstermin beim AG am 23.10.2006 vertreten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist nämlich zu diesem Termin erst nach der Verkündung des Teil-Anerkenntnis- und Endurteils erschienen, während der Amtsrichter noch dessen Entscheidungsgründe mündlich erläuterte (§ 311 Abs. 3 ZPO). Das ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift und wird von dem Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt. An der mündlichen Verhandlung und der Erörterung der Sache hat er somit nicht teilgenommen. Denn die mündliche Verhandlung war bereits vor der Urteilsverkündung geschlossen, wie sich aus § 136 Abs. 4 ZPO ergibt.

Erscheint der Rechtsanwalt - wie hier der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - in einem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 136 Abs. 4 ZPO) während der Urteilsverkündung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO), verdient er dadurch keine Terminsgebühr (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, 17. Aufl., VV-Vorb. 3, Rz. 55; Onderka/N. Schneider in AnwK-RVG, 3. Aufl., VV Vorb. 3, Rz. 122). Die gegenteilige Auffassung von Hartmann (Kostengesetze, 38. Aufl., RVG, VV 3104, Rz. 4 a.E.) ist abzulehnen.

Zwar trifft es zu, dass der gerichtliche Termin nicht schon mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung endet, sondern erst mit der Verkündung der nachfolgenden Entscheidung (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 220 Rz. 3). Die Terminsgebühr erhält der Rechtsanwalt nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV aber "für die Vertretung" in dem Verhandlungstermin. Dafür ist erforderlich und genügend die vertretungsbereite Anwesenheit des Rechtsanwalts (so auch Hartmann a.a.O.) mit dem Willen, im Interesse seines Mandanten die Verhandlung und Erörterung zu verfolgen und ggf. einzugreifen (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe a.a.O., Rz. 64). Eine solche Vertretungstätigkeit ist dem Rechtsanwalt aber nicht mehr möglich, wenn er zum Termin erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung während der Urteilsverkündung erscheint. Für die Anwesenheit nur bei der Verkündung der gerichtlichen Entscheidung verdient der Rechtsanwalt keine Terminsgebühr. Das gilt unabhängig davon, ob die gerichtliche Entscheidung in dem Termin verkündet wird, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, oder in einem gesondert anberaumten Verkündungstermin (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe a.a.O., Rz. 55). Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 Abs. 2 RVG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2181611

JurBüro 2009, 481

AGS 2009, 532

RVGreport 2009, 269

OLGR-Süd 2009, 687

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