Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 30.05.2006; Aktenzeichen 8 O 11680/04) |
Tenor
I.
Auf die sofortige Beschwerde der Klagepartei wird der Beschluss des Landgerichts München I, 8. Zivilsenat, vom 30.5.2006 aufgehoben.
II.
Der beklagten Partei wird ein Prozesspfleger bestellt.
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Kosten des Rechtsstreits.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
V.
Der Beschwerdewert wird auf 3.666,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger macht mit der Klage vom 16.6.2004 als Insolvenzverwalter der Quadrat Bau- und Planungsgesellschaft mbH gegen die Beklagte Werklohnansprüche geltend. Zu diesem Zeitpunkt waren Herr Kxxx und Herr Wxxx einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Beklagten.
In der Klageerwiderung vom 27.8.2004 benannte die beklagte Partei Herrn Kxxx als Zeugen für ihre Behauptung, dass ein Folgeauftrag nicht zu Stande gekommen sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2004 stellte der Beklagtenvertreter unstreitig, dass Herr Kxxx Geschäftsführer der Beklagten ist. Der Klägervertreter widersetzte sich dessen Parteieinvernahme.
An einer Beweisaufnahme am 15.2.2005 nahm Herr Kxxx als Geschäftsführer der Beklagten teil.
Mit Schriftsatz vom 24.3.2005 teilte die beklagte Partei mit, dass Herr Kxxx mit Ablauf des 25.3.2005 sein Amt als Geschäftsführer niederlegen werde. Gleichzeitig wurde beantragt, Herrn Kxxx zu verschiedenen Behauptungen als Zeugen zu vernehmen.
Mit Beschluss vom 5.4.2005 wurde Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 21.6.2005 bestimmt und die Ladung des Zeugen Kxxx angeordnet. Die Ladung des Zeugen wurde von der Vorlage eines Handelsregisterauszuges abhängig gemacht, wonach Herr Kxxx nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten ist.
Am 3.6.2005 wurde im Handelsregister das Ausscheiden des Geschäftsführers Wxxx eingetragen.
Auf Antrag des Beklagtenvertreters setzte das Landgericht das Verfahren mit Beschluss vom 15.6.2006 gem. § 246 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO i.V.m. § 241 Abs. 1 ZPO aus, da beide Geschäftsführer ihr Amt wirksam niedergelegt hätten.
Mit Schriftsatz vom 16.6.2005 beantragte der Kläger vorsorglich beim Landgericht und am 23.6.2005 beim Registergericht München die Bestellung eines Notgeschäftsführers für die Beklagte.
Das Landgericht teilte dem Klägervertreter am 6.7.2005 mit, dass für die Bestellung des Notgeschäftsführers das Registergericht zuständig ist.
Mit Beschluss vom 9.9.2005 wurde das Verfahren zum Zwecke der Feststellung, ob die Voraussetzungen der Aussetzung vorliegen, wieder aufgenommen und ein entsprechender Beweisbeschluss zur Frage der wirksamen Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch Herrn Kxxx erlassen.
Nachdem die Klagepartei unstreitig gestellt hatte, dass das Schreiben des Herrn Kxxx bzgl. der Niederlegung seines Amtes einem Gesellschafter der Beklagten zugegangen ist, wurde der Beweistermin wieder aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 13.2.2006 beantragte der Kläger die Aufnahme des Verfahrens und die Bestellung eines Prozesspflegers für die Beklagte. Zur Begründung führte der Kläger aus, es bestehe die Gefahr, dass er im Hinblick auf die Führungslosigkeit und Handlungsunfähigkeit der Beklagten seine Ansprüche verlieren könne.
Am 30.3.2006 teilte das Registergericht dem Kläger mit, dass mangels geeigneter Personen das Gericht nicht in der Lage ist, einen Notgeschäftsführer von Amts wegen auszuwählen und kündigte die kostenpflichtige Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Notgeschäftsführers an.
Das Landgericht wies mit Beschluss vom 30.5.2006 die Anträge auf Aufnahme des Verfahrens und die Bestellung eines Prozesspflegers zurück.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er beantragt, den Beschluss des Landgerichts vom 30.5.2006 aufzuheben und einen Prozesspfleger für die Beklagte zu bestellen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung, die Beschwerdebegründung des Klägers und die Stellungnahme der beklagten Partei Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 567 Abs. 2 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der beklagten Partei ist ein Prozesspfleger entsprechend § 57 ZPO zu bestellen.
1.
§ 57 ZPO ist auch dann anwendbar, wenn der gesetzliche Vertreter der beklagten Partei nach Rechtshängigkeit ersatzlos wegfällt.
Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur liegt ein Fall des § 57 ZPO auch dann vor, wenn die mangelnde Prozessfähigkeit der beklagten Partei erst im Laufe des Rechtsstreits erkannt wird (BGH NJW 1990, 1734; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 57 Rdnr. 3; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 57 Rdnr. 2).
Hingegen werden in der Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten, ob § 57 ZPO auch dann gilt, wenn die Prozessunfähigkeit der beklagten Partei oder der Wegfall ihrer gesetzlichen Vertretung erst während des Prozesses eintritt (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. m.w.N.).
Die ablehnenden Meinungen verweisen zur Begründung darauf, dass hier die Sonderregelungen der §§ 241, 246 ZPO eingreifen (z.B. Thomas/Putzo und Zöller/Vollkommer jeweils a.a.O.).
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