Leitsatz (amtlich)

Zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Überlassung eines Miteigentumsanteils an minderjährige Kinder unter Anrechnung auf den Pflichtteil.

 

Normenkette

BGB §§ 1821, 2315

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 28.12.2006; Aktenzeichen 13 T 9837/06)

AG Hersbruck (Beschluss vom 10.11.2006; Aktenzeichen VIII 0028/05 und 0029/05)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 28.12.2006 und der Beschluss des AG Hersbruck vom 10.11.2006 aufgehoben.

II. Das AG Hersbruck wird angewiesen, den Überlassungsvertrag vom 9.2.2006 mit Nachtrag vom 13.7.2006 zu genehmigen.

 

Gründe

I. Die minderjährigen Beteiligten (geb. 1993 bzw. 1995), jeweils vertreten durch eine Ergänzungspflegerin, schlossen am 9.2.2006 mit ihrem Vater (geb. 1955) einen Überlassungsvertrag, nach dem sie jeweils einen 3/10-Anteil an einem mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstück in L. übertragen erhalten. Den restlichen 4/10-Anteil überließ der Übergeber in demselben Vertrag an seine Ehefrau, die Mutter der Beteiligten; insoweit ist die Eintragung im Grundbuch erfolgt. Das Grundstück ist belastet mit zwei Grundschulden ohne Brief zu 100.000 DM und 600.000 DM, die mit rund 173.000 EUR valutiert sind. Die monatlichen Mieteinnahmen aus dem Objekt betragen rund 5.500 EUR. Als Gegenleistung ist ein lebenslänglicher und unentgeltlicher Nießbrauch des Veräußerers vereinbart, wobei der Nießbraucher auch die außerordentlichen Lasten zu tragen hat. Ferner haben die Erwerber die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden zu dulden, während die Verpflichtung zur Verzinsung und Tilgung beim Veräußerer verbleibt. Außerdem wird ein Rückübertragungsanspruch für den Veräußerer für im Einzelnen aufgeführte Fallgestaltungen vereinbart. In diesem Fall hat die Rückübertragung frei von anderen Belastungen als den in der Urkunde übernommenen zu erfolgen; etwaige Investitionen des Erwerbers auf den Vertragsgegenstand sind diesen bzw. seinen Erben insoweit zu ersetzen, als sie den Wert des Vertragsobjektes im Zeitpunkt der Rückübertragung noch erhöhen. Weiter ist bestimmt, dass im Übrigen die Überlassung unentgeltlich als Schenkung erfolgt und sich die Erwerber deren Wert auf ihren Pflichtteil nach dem Veräußerer anrechnen zu lassen haben. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, wird auf Dauer ausgeschlossen. Mit Nachtragsurkunde vom 13.7.2006 wurde in Abänderung des vorangegangenen Vertrages vereinbart, dass der Veräußerer sich das Recht vorbehält, die bestehenden Grundpfandrechte neu für eigene Beleihungszwecke valutieren zu lassen und als Sicherheit für Verbindlichkeiten zu verwenden, deren Aufnahme für die Durchführung von Reparaturen und Renovierungsarbeiten am Vertragsobjekt erforderlich oder zweckmäßig ist.

Die vom Vormundschaftsgericht bestellte Verfahrenspflegerin hat sich gegen die Genehmigung des Überlassungsvertrages ausgesprochen, insb. wegen der Anrechnung des Wertes der Schenkung auf den Pflichtteil. Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschluss vom 10.11.2006 die Erklärungen der Ergänzungspflegerinnen betreffend den Überlassungsvertrag vom 9.2.2006 mit Nachtrag vom 13.7.2006 nicht genehmigt. Die Beschwerde des bevollmächtigten Urkundsnotars hat das LG mit Beschluss vom 28.12.2006 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Unter Berücksichtigung aller Umstände lägen die zu genehmigenden Verträge nicht im Interesse der beiden Kinder. Dabei seien Vorteile, Risiken, Erträge und Aufwendungen sowie insb. auch die steuerlichen Folgen gegeneinander abzuwägen. Es genüge, wenn im Ganzen gesehen der Vertrag für den Mündel vorteilhaft, zweckmäßig und nützlich sei. Es sei zu Recht Ergänzungspflegschaft angeordnet worden, weil die Eltern von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen seien. Bei dem Überlassungsvertrag handle es sich nicht um ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft, weil der Veräußerer sich das Recht vorbehalten habe, die Rückübertragung und Rückauflassung des Vertragsbesitzes zu verlangen. Hinsichtlich der Grundschulden sei bisher nicht sichergestellt, dass die Kinder von etwaigen Kosten für die Schaffung des zur Zwangsvollstreckung erforderlichen Titels freigestellt würden. In Anbetracht des Wertes der Immobilie sei der Pflichtteilsanspruch mit der Überlassung im Wesentlichen oder vollständig abgedeckt. An Stelle eines Geldanspruches trete damit der Miteigentumsanteil an einem Mehrparteienobjekt unter Ausschluss der Teilungsversteigerung, mithin ein deutlich schlechter disponibles Gut. Das schränke den Gestaltungsspielraum für die weitere Lebensführung der Kinder erheblich ein. Ihr Interesse an der Auszahlung einer bestimmten Geldsumme könne höher sein als ihr Interesse, Miteigentümer einer Immobilie zu sein. Im Vertrag sei auch nicht klargestellt, dass die Anrechnung auf den Pflichtteil dann nicht stattfinde, wenn ein...

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