Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Besorgnis der Befangenheit.
2. Schiedsrichter sind nach § 1037 Abs. 1 ZPO nicht gehalten, ohne Anlass eine "Unabhängigkeitserklärung" abzugeben. Der Umstand, dass eine solche trotz Antrags einer Partei nicht abgegeben wird, begründet die Ablehnung nicht.
Normenkette
ZPO §§ 42, 1036-1037
Tenor
I. Der Antrag, die Schiedsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, sowie der Antrag auf Feststellung der Beendigung des Schiedsrichteramtes, werden abgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 300.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist neben 14 weiteren Eishockey-Clubs eine der Gesellschafterinnen der in der Rechtsform einer GmbH organisierten Antragsgegnerin. Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung und Entwicklung des berufsmäßig ausgeübten Eishockeysports, insbesondere durch Organisation und Durchführung des Spielbetriebs der Deutschen Eishockey Liga (DEL).
§ 21 des Gesellschaftsvertrages lautet:
§ 21 Schiedsgerichtsbarkeit
(1) Über alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, einschließlich von Beschlussmangelstreitigkeiten, zwischen der Gesellschaft, den Gesellschaftern sowie Organen bzw. Organmitgliedern gegen- oder untereinander, welche diesen Vertrag, die Ordnung oder die Richtlinie sowie Entscheidungen der Organe der Gesellschaft und deren Beauftragte betreffen, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Rechts entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht.
(2) Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit dieses Vertrages oder einzelne seiner Bestimmungen.
(3) Sofern dieser Vertrag, die Ordnungen oder Richtlinien der Gesellschaft sowie einzelvertragliche Vereinbarungen nicht anderes vorschreiben, sind Schiedsklagen grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt des beschwerenden Ereignisses zu erheben. Bei Beschlussmangelstreitigkeiten gilt eine Frist von vier Wochen ab Bekanntgabe.
(4) Die Errichtung, die Zusammensetzung und das Verfahren des Schiedsgerichtes werden in der Schiedsgerichtsordnung geregelt.
(5) Diese Schiedsklausel und der Schiedsvertrag gelten auch für alle zukünftigen Gesellschafter.
Die Schiedsgerichtsordnung regelt u. a:
§ 8 Gerichtsort
Schiedsort ist München ...
§ 9 Befangenheit von Mitgliedern des Schiedsgerichtes:
Es gelten die §§ 1036 und 1037 ZPO.
Da über das Vermögen der Antragstellerin am 28.4.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, versagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.6.2010 für die Wettkampfsaison 2010/2011 die Bestätigung der Spiellizenz und kündigte mit Schreiben vom gleichen Tag den bestehenden Clublizenzvertrag außerordentlich.
Am 7.7.2010 erhob die Antragstellerin unter Rüge der Zuständigkeit Schiedsklage vor dem DEL-Schiedsgericht mit dem Antrag, das Schiedsverfahren bis zur Entscheidung des zuständigen OLG über die Zulässigkeit des Verfahrens auszusetzen, hilfsweise festzustellen, dass die von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30.6.2010 erklärte außerordentliche Kündigung des Clublizenzvertrages unwirksam ist. Unter dem gleichen Datum hat die Antragstellerin beim OLG München Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO gestellt und beim LG Köln Beschlussanfechtungsklage erhoben.
In der Verhandlung vom 23.7.2010 hat das Schiedsgericht zunächst durch eine Zwischenentscheidung seine Zuständigkeit für das Verfahren bejaht. Daraufhin lehnte die Antragstellerin die drei Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte die Antragstellerin zu Protokoll aus, das Schiedsgericht habe über die Frage der wirksamen Wahl der Schiedsrichter ohne Beweisaufnahme entschieden und dadurch eine ggf. erforderliche Beweisaufnahme vorweggenommen. Dies sei ein Anzeichen für Befangenheit. Weiterhin hätten die Schiedsrichter keine Unabhängigkeitserklärung abgegeben. Dies sei eine Verletzung der Offenbarungspflicht, was Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter aufkommen lasse.
Nach Unterbrechung der Sitzung erklärte das Schiedsgericht noch am selben Tag in einem schriftlich niedergelegten Beschluss die Ablehnung der Schiedsrichter für unbegründet. Ebenfalls am 23.7.2010 erging ein Schiedsspruch, mit dem die Schiedsklage kostenpflichtig abgewiesen wurde.
Die Antragstellerin hat am 3.8.2010 gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung beantragt. Hilfsweise hat sie beantragt, die Beendigung des jeweiligen Schiedsrichteramts festzustellen.
Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus:
1. Das Schiedsgericht habe ohne Durchführung einer Beweisaufnahme in einer Zwischenentscheidung festgestellt, dass es ordnungsgemäß gewählt worden sei, obwohl sich dies aus dem Protokoll der 72. Gesellschafterversammlung nicht ergebe.
Das Schiedsgericht berufe sich für seine Zuständigkeit zu Unrecht auf den Abschluss des Schiedsrichtervertrags.
Die Zurückweisung ihres Beweisantrags stelle eine Verletzung rechtlichen Gehörs dar und führe zu berechtigte...