Leitsatz (amtlich)
1. Fehlt eine Bezeichnung des OLG in der Schiedsvereinbarung, ist die Ortsangabe im Schiedsspruch regelmäßig auch für die Bestimmung der Zuständigkeit des staatlichen Gerichts maßgeblich.
2. Findet in Verfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung eine solche nicht statt, kann eine gerichtliche Zuständigkeit über § 39 ZPO nicht begründet werden.
Normenkette
ZPO §§ 38-39, 1043, 1054 Abs. 3, § 1062 Abs. 1
Tenor
Das OLG München erklärt sich für unzuständig. Die Sache wird an das Hanseatische OLG Bremen verwiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Rechtsanwälte und unterhalten ihre Kanzleien in Bad Neustadt a. d. Saale/Bayern. Es existieren mehrere Vereinbarungen für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Liquidation der ehemaligen gemeinsamen, ebenfalls in Bad Neustadt betriebenen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, in denen als Schiedsrichter Rechtsanwalt Dr. h.c.B. bestimmt wird; dieser hat seine Kanzlei in Bremen. Eine Vereinbarung über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO) haben die Parteien nicht getroffen.
Am 21.7.2008 erging ein Schiedsspruch, der vom Kanzleisitz des Schiedsrichters aus den Beteiligten zugeleitet wurde und der vor der Unterschrift des Schiedsrichters die Angabe "Bremen, den 21.7.2008" enthält. Dem Schiedsspruch ist zu entnehmen, dass alle Beteiligten ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben.
Der Schiedsspruch hat u.a. zum Inhalt, dass sich das Schiedsgericht für einen mit Schriftsatz der Beteiligten zu 2 vom 30.1.2007 gestellten Antrag auf Entscheidung über eine Darlehensrückzahlung für zuständig erklärt. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem am 20.8.2008 beim OLG München eingereichten Antrag. Nach gerichtlichem Hinweis auf Zuständigkeitsbedenken beantragt der Antragsteller hilfsweise die Verweisung an das OLG Bremen.
II. Das OLG München ist nicht zur Entscheidung über den Antrag zuständig, da das schiedsrichterliche Verfahren in Bremen geführt wurde.
Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Hiernach ist das OLG, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist, oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat.
1. Die Parteien haben in keiner ihrer drei schriftlichen Vereinbarungen vom 8.3., 18.3. und 27.10.2005, die Kanzleiabwicklung und die schiedsrichterliche Zuständigkeit des Rechtsanwalts Dr. h. c. B. betreffend, ein staatliches Gericht gem. § 1062 Abs. 1 ZPO als örtlich zuständig bezeichnet.
Die Parteien haben auch keine Vereinbarung gem. § 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens getroffen. Hingegen hat das Schiedsgericht Bremen als Sitz des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1043 Abs. 1 Satz 2 ZPO) bestimmt. Das ergibt sich aus der vor der Unterschrift des Schiedsrichters befindlichen Ortsangabe im Schiedsspruch. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist die Ortsangabe (vgl. § 1054 Abs. 3 ZPO) auch für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit maßgeblich (Musielak/Voit ZPO, 6. Aufl., § 1062 Rz. 3; § 1054 Rz. 8; wohl auch Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rz. 2363).
Ob dem OLG Düsseldorf (Beschl. v. 19.8.2003 - I-6 Sch 2/99; s. dazu auch Lachmann Rz. 2124) gefolgt werden kann, bleibt offen. Jener Entscheidung lag eine andere Fallgestaltung zugrunde. Dort hatte der Schiedsrichter an einem anderen Ort als dem, an dem der Schiedsspruch abgefasst wurde, "Beweis erhoben" und mit den Parteien verhandelt. Insoweit kam eine Anknüpfung unter dem Gesichtspunkt des "effektiven" Orts des schiedsgerichtlichen Verfahrens in Betracht (dazu Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren 4. Aufl. Rz. 162). Im gegebenen Fall hat jedoch eine mündliche Verhandlung, wie im Schiedsspruch vermerkt ist, nicht stattgefunden. Weiter ergibt sich aus dem Schiedsspruch, dass sich die Beteiligten schriftlich an den in Bremen ansässigen Schiedsrichter gewandt haben. Von einem "effektiven" Schiedsort im örtlichen Zuständigkeitsbereich des OLG München kann deshalb keine Rede sein.
2. Die Parteien haben zwar schriftsätzlich vorgetragen, dass sie von einer örtlichen Zuständigkeit des OLG München ausgehen. Hierin liegt aber weder eine nachträgliche Bestimmung des Schiedsortes noch eine Prorogation gem. § 38 ZPO. Für letztere wäre eine ausdrückliche Vereinbarung erforderlich (§ 38 Abs. 3 ZPO). Eine nachträgliche Vereinbarung ist schon deshalb auszuschließen, weil die Parteien den Punkt ersichtlich nicht für regelungsbedürftig halten, da sie zum einen Bad Neustadt als Schiedsort ansehen und zum anderen der Antragsteller hilfsweise die Verweisung an das OLG Bremen beantragt.
3. Das OLG München ist auch nicht gem. § 39 ZPO durch rügelose Verhandlung der Antragsgegner zuständig geworden. Eine mündliche Verhandlung, wie sie...