Leitsatz (amtlich)
1. Zum Fortsetzungsfeststellungsantrag in Grundbuchsachen.
2. Ist ein Recht an einem Grundstück infolge eines Übertragungsfehlers unrichtig eingetragen, kommt nicht die Richtigstellung, sondern die Eintragung eines Amtswiderspruchs in Betracht. Das Grundbuchamt ist nicht gehindert, den Amtswiderspruch noch vor einer beantragten Eigentumsumschreibung einzutragen, selbst wenn eine Eigentumsvormerkung eingetragen ist.
Normenkette
FamFG § 62 Abs. 1; BGB §§ 878, 883; GBO § 53 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Passau (Beschluss vom 19.11.2012) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 19.11.2012 wird verworfen.
II. Die Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Grundbuch (Blatt 1339) war aufgrund Eintragungsbewilligung aus dem Jahr 1959 eine Grunddienstbarkeit (Verpflichtung zur Einhaltung eines Bebauungsplanabstandes) für das Flurstück xxx eingetragen. Dienende Grundstücke waren u.a. die Flurstücke xxx bis xxx.
Im Jahr 1980 wurde das Grundbuchblatt umgeschrieben auf Blatt 2004. Bei der Umschreibung wurde für die in Abt. II Nr. 3 eingetragene Dienstbarkeit infolge eines Übertragungsfehlers das Grundstück Fl.St. xxx - statt zutreffend xxx - als begünstigt bezeichnet.
Mit Eingang beim Grundbuchamt am 7.8.2012 wurde Vollzug einer Messungsanerkennung und Auflassung u.a. der Flurstücke xxx bis xxx zugunsten der Beteiligten beantragt. Nach Ziff. II. 5. des Kaufvertrags vom 27.5.2011 hatte diese als Käuferin die Belastungen, die in Abt. II eingetragen waren, übernommen. Zugunsten der Beteiligten war am 9.6.2011 eine Eigentumsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden.
Vor Eigentumsumschreibung stellte das Grundbuchamt die unrichtige Übertragung der Dienstbarkeit fest und vermerkte am 26.10.2012 in Abt. II Spalte 5 des Grundbuchs, dass Berechtigter des Rechts richtig der jeweilige Eigentümer des Grundstücks FlSt xxx ist und es sich um einen offensichtlichen Übertragungsfehler handelt.
Unter demselben Datum wurden die Flurstücke xxx bis xxx sowie die Grunddienstbarkeit unter richtiger Bezeichnung auf Blatt 3540 übertragen. Gleichzeitig wurde die Beteiligte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Unter dem 8.11.2012 beantragte der beurkundende Notar die Löschung der Grunddienstbarkeit. Die Eintragung zugunsten des jeweiligen Eigentümers von FlSt xxx sei ohne Bewilligung und Einigung erfolgt, eine Berichtigung daher unzulässig, weil das Recht nicht entstanden sei. Die nun eingetragene Grunddienstbarkeit zugunsten des Eigentümers von FlSt xxx sei durch Nichtübertragung erloschen.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 19.11.2012 zurückgewiesen, der Beschwerde vom 22.11.2012 hat es nicht abgeholfen.
Am 6.3.2013 wurde die Dienstbarkeit aufgrund einer Bewilligung gelöscht.
Im Beschwerdeverfahren wurde zuletzt beantragt festzustellen, dass die Maßnahme der Richtigstellung durch das Grundbuchamt rechtswidrig war, hilfsweise, von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.
II. Der auf Fortsetzungsfeststellung gerichtete Antrag im Beschwerdeverfahren bleibt erfolglos.
1. Die Beschwerde mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festzustellen, ist insoweit unzulässig. Es kann dahinstehen, ob § 62 Abs. 1 FamFG auch im Grundbuchverfahren anwendbar ist (bejahend OLG Düsseldorf Rpfleger 2010, 261; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 1 Rz. 56; Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl., § 77 Rz. 7; a.A. Hügel/Kramer, GBO, 2. Aufl., § 71 Rz. 247: "wohl nicht"). Denn Feststellungsanträge nach § 62 FamFG sollen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Dies folgt aus § 62 Abs. 2 FamFG, der Anwendungsfälle für die Bejahung eines berechtigten Interesses umschreibt, nämlich - abgesehen von einer konkret zu erwartenden Wiederholung, die hier nicht im Raume steht - solche, in denen es zu "schwerwiegenden" (BVerfG vom 31.10.2005, 2 BvR 2233/04) Grundrechtseingriffen gekommen ist (vgl. § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG; BVerfG FGPrax 2002, 137: "tief greifend"; BVerfG vom 27.2.2007, 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, ). Die zitierten Entscheidungen betrafen Freiheitsentziehungen sowie Durchsuchungen und Beschlagnahmen, mithin Eingriffe, die unter Richtervorbehalt gestellt sind (vgl. auch OLG Hamm FGPrax 2010, 79). Umgekehrt ergibt sich hieraus, dass nicht jede verfahrenswidrige Tangierung von Grundrechten in gerichtlichen Verfahren die Fortsetzungsfeststellung eröffnet. Soweit es nur um die unberechtigte Belastung mit Kosten geht, hat der BGH bereits die Voraussetzungen für einen Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG verneint (vgl. BGH FGPrax 2012, 91/92). Es genügt auch nicht, dass sich die angefochtene Entscheidung allgemein für den Beschwerdeführer wirtschaftlich nachteilig ausgewirkt hat (Budde in Bauer/von Oefele § 77 Rz. 7). Ebenso wenig reicht es aus, dass der Beschwerdeführer eine bindende Feststellung der Rechtswidrigkeit deshalb erstrebt, um Amtshaftungsansprüche...