Leitsatz (amtlich)
Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren kann abgesehen werden, wenn das Rechtsmittel aufgrund der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Erfolglosigkeit alsbald zurückgenommen wird. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Erfolglosigkeit offensichtlich ist.
Normenkette
WEG § 47 S. 2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 10.05.2005; Aktenzeichen 4 T 1241/05) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen 40 UR II 88/04) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Traunstein vom 10.5.2005 in Nr. 1 S. 2 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner die den Antragstellern im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten bilden eine Gemeinschaft von Wohnungserbbauberechtigten. Die der Gemeinschaft zugrunde liegende Teilungserklärung enthält eine qualifizierte Öffnungsklausel. Die Erbbauberechtigten beschlossen in der Versammlung vom 26.5.2003 mit der notwendigen Mehrheit der Stimmen, dass bestimmte Gemeinschaftsflächen in Flächen mit Sondernutzungsrechten umgewandelt werden sollen. Der Beschluss wurde nicht angefochten.
Da der Antragsgegner die notwendige notarielle Zustimmung nicht erteilte, haben die Antragsteller einen entsprechenden Verpflichtungsantrag bei Gericht gestellt. Diesem hat das AG mit Beschl. v. 10.3.2005 stattgegeben. Gegen den Beschluss hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die er in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 6.5.2005 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage auf Anraten des Gerichts wieder zurückgenommen hat. Mit Beschl. v. 10.5.2005 hat das LG dem Antragsgegner die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch abgesehen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller richtet sich gegen die unterbliebene Anordnung der Kostenerstattung.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig. Es richtet sich gegen die isolierte Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts; die Beschwerdesumme von 100 EUR ist überschritten (§ 45 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1 und 2, § 20a Abs. 2 FGG).
Die sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Antragsgegner hat den Antragstellern die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten (§ 47 S. 2 WEG).
1. Das LG hat ausgeführt: Grundsätzlich habe derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen. Von diesem Grundsatz sei im vorliegenden Fall eine Ausnahme zu machen, da der anwaltlich nicht vertretene Antragsgegner die sofortige Beschwerde in der Verhandlung vor der Kammer nach Darlegung der Sach- und Rechtslage alsbald zurückgenommen habe. Derjenige, der einsichtig sein Rechtsmittel zurücknehme, dürfe nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der es bei gleicher Sachlage zu einer Hauptsacheentscheidung kommen lasse. Bei einer Hauptsacheentscheidung gelte der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Dies gelte auch bei erfolglosen Anträgen oder Rechtsmitteln, sofern nicht besondere Umstände vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall.
2. Die Entscheidung des LG ist nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das LG gem. § 47 WEG nach billigem Ermessen über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Entscheidung nur darauf überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insb. ob er wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (st. Rspr., BayObLG v. 4.3.1999 - 2 Z BR 17/99, NJW-RR 1999, 1245 [1246]).
b) Grundsätzlich hat derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, neben den gerichtlichen auch die außergerichtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Der Grundsatz im Wohnungseigentumsrecht, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung. Ausnahmsweise kann von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen werden, wenn die alsbaldige Rücknahme auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht (BayObLG v. 4.3.1999 - 2 Z BR 17/99, NJW-RR 1999, 1245 [1246]). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Erfolglosigkeit offensichtlich oder die Rechtsverfolgung mutwillig ist (BayObLG WuM 2003, 115; WuM 2003, 298; Schmid, ZMR 2004, 316 [318]). Vorliegend war die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels offensichtlich. Bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt hätte der Antragsteller dies auch von vornherein erkennen können. Der Eigentümerb...