Leitsatz (amtlich)
1. Die Berichtigung eines Erbscheins ist jedenfalls insoweit ausgeschlossen, als durch die Berichtigung andere Erbquoten ausgewiesen werden sollen.
2. Die Zustimmung der Beteiligten auf eine Anfrage des Nachlassgerichts, "ob mit der geänderten Erbenfeststellung Einverständnis besteht", erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an einen Erbscheinsantrag zu stellen sind.
3. Die Berichtigung eines Erbscheins kommt jedenfalls nicht in Frage, wenn aus anderen Gründen seine Einziehung zu erfolgen hat.
Normenkette
BGB § 2361; FamFG §§ 25, 42, 352
Verfahrensgang
AG Freising (Aktenzeichen VI 1407/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Freising - Nachlassgericht - vom 11.10.2016 aufgehoben.
Gründe
Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde ist zulässig und im Ergebnis erfolgreich.
I. Die ledige und kinderlose Erblasserin ist zwischen dem 5.12.2016 und dem 21.12.2016 verstorben.
Sie hat durch Testament vom 21.5.2014 die Beteiligten zu 1 bis 4 durch die Zuwendung von zwei Immobilien in xxx und xxx, die im Wesentlichen den Nachlass ausmachen, bedacht.
Der vom Nachlassgericht bestellte Nachlasspfleger hat für die Immobilie in xxx einen Wert von 367.353, 20 EUR und für die Immobilie in xxx einen Wert von 32.465 EUR ermittelt.
Ausgehend von diesen Werten gingen die Beteiligten zu 1 und 2, denen die Immobilie in xxx zugewendet wurde, zunächst davon aus, sie hätten die Erblasserin zu je 1/2 beerbt und stellten am 11.5.2016 einen entsprechenden Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, gleichzeitig gaben sie die vom Gesetz geforderten eidesstattlichen Erklärungen ab. Die Beteiligten zu 3 und 4 wurden lediglich als Vermächtnisnehmer angesehen.
Am 8.6.2016 änderte das Nachlassgericht seine Rechtsauffassung und sah nunmehr alle Beteiligten als Erben an; für die Erbquoten sollte das Wertverhältnis der zugewendeten Immobilien zueinander maßgeblich sein.
Mit Schreiben vom 10.6.2016 hat das Nachlassgericht den Beteiligten mitgeteilt, dass auf sie jeweils Erbquoten von 42,34 % bzw. 7,79 % entfielen und angefragt, "ob mit der geänderten Erbfeststellung Einverständnis besteht".
Im Nachgang haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis erklärt.
Das Nachlassgericht hat am 11.10.2016 einen Feststellungsbeschluss erlassen, der die genannten Erbquoten zugrunde legt. Am selben Tag wurde ein entsprechender Erbschein erteilt.
Nachdem das Nachlassgericht in der Folgezeit festgestellt hat, dass unter Zugrundelegung der von ihm im Erbschein ausgewiesenen Quoten insgesamt 100, 26 % verteilt worden sind, hat es mit Beschluss vom 5.4.2019 den Erbschein im Hinblick auf die Quoten berichtigt (jeweils 7, 66 % statt 7, 79 %).
In seiner Rechtsbehelfsbelehrung hat das Nachlassgericht als statthaften Rechtsbehelf die Beschwerde bezeichnet und für deren Einlegung eine Frist von 1 Monat benannt.
Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 25.4.2019 mittels PZU zugestellt. Seine Beschwerde ging am 13.5.2019 beim Nachlassgericht ein.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
a) Die vorliegende Beschwerde ist als sofortige Beschwerde zu behandeln, denn entgegen der vom Nachlassgericht erteilten Rechtsbehelfsbelehrung ist der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, gemäß §§ 42 Abs. 3 S. 2 FamFG, 567 ff ZPO mit der sofortigen Beschwerde und nicht mit der (einfachen) Beschwerde, und damit binnen einer 2-wöchigen Frist anfechtbar.
b) Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde wurde vorliegend versäumt, denn die Beschwerdeschrift vom 10.5.2019 ging erst am 13.5.2019 und damit außerhalb der Einlegungsfrist beim Nachlassgericht ein.
c) Dies ist jedoch unschädlich, weil die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist für die sofortige Beschwerde vorliegen:
Die versäumte Verfahrenshandlung (Einlegung der sofortigen Beschwerde) ist nachgeholt (Schriftsatz vom 10.5.2019, vgl. § 18 Abs. 3 S. 2 FamFG) und die Fristversäumnis ist auch unverschuldet. Das Fehlen des Verschuldens ist wegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung bei der Naturalpartei zu vermuten (vgl. § 17 Abs. 2 FamFG).
Wiedereinsetzung konnte daher von Amts wegen gewährt werden, § 18 Abs. 3 S. 3 FamFG.
2. Die sofortige Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich, da die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Erbscheins vom 11.10.2016 nicht vorliegen.
Ob Erbscheine überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang einer Berichtigung nach § 42 FamFG zugänglich sind, ist umstritten.
a) Teilweise wird vertreten, Schreibfehler, unerhebliche Falschbezeichnungen oder "ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" könnten im Erbschein berichtigt werden, sofern dessen sachlicher Gehalt nicht berührt wird (Palandt/Weidlich 78. Auflage ≪2019 ≫ § 2361 Rn. 5; Grziwotz in: MüKoFamFG, 3. Auflage ≪2019≫ § 353 FamFG Rn. 13; Krätzschel in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage ≪2019 ≫ § 39 Rn. 6).
b) Nach anderer Ansicht scheidet eine Berichtigung des Erbscheins aus, weil dieser kein Beschluss im Sinne des § 42 FamFG sei ...