Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 20.05.2010; Aktenzeichen 14 HKO 21590/09)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.5.2010 zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 19.11.2010.

II. Der Antrag des Verfügungsbeklagten, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Zu I.:

Die Berufung des Verfügungsbeklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Die Aufrechterhaltung der am 25.11.2009 erlassenen einstweiligen Verfügung in ihrer Form der Beschlüsse vom 23.12.2009 (Bl. 59 d. A.) und vom 4.2.2010 (Bl. 183 d. A.) sowie die weiter im Endurteil getroffenen Anordnungen des Erstgerichts sind nicht zu beanstanden.

Die hiergegen in der Berufung vorgebrachten Einwände des Verfügungsbeklagten vermögen nicht zu überzeugen und seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

1. Zwar hat das Erstgericht gegen § 349 ZPO verstoßen, weil es nicht als Spruchkörper, sondern der Vorsitzende als Einzelrichter entschieden hat und ein Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Kammervorsitzenden nicht vorliegt (§ 349 Abs.3 ZPO).

Allerdings führt dies zu keiner Zurückverweisung an das Landgericht, weil § 547 Nr. 1 ZPO nicht als Anlass für eine Zurückverweisungsmöglichkeit in § 538 ZPO genannt ist. Der Verstoß durch das Erstgericht bleibt damit in diesem Fall sanktionslos.

2. Der Verfügungskläger zu 1) ist aktivlegitimiert. Der Beschluss, den der Verfügungsbeklagte im Rahmen der Gesellschafterversammlung vom 31.3.2007 und 16.8.2007 alleine gefasst hat, wodurch die Einziehung der Geschäftsanteile des Gesellschafters des Verfügungsklägers zu 1) beschlossen worden ist, ist, wie der Verfügungsbeklagte nunmehr selbst einräumt nichtig. Das Stammkapital der streitgegenständlichen M. Fashion Fair GmbH wurde unstreitig nur zur Hälfte erbracht. Da bei Fehlen der Volleinzahlung der Stammeinlage die Interessen der Gläubiger der M. Fashion Fair GmbH gefährdet wären, ist jede Einziehung von Geschäftsanteilen wegen Verstoßes gegen §§ 34 Abs. 3, 30 GmbHG nichtig (vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck GmbHG, 19. Aufl., § 34 Rz. 11).

Zwar wurde der Verfügungskläger zu 1) mit Gesellschafterbeschluss vom 31.3.2007 als Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zu 2) abberufen (nachdem durch Gesellschafterbeschluss vom 23.3.2007 der Verfügungsbeklagte als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) abberufen worden war).

Bei der aus wichtigem Grund erfolgten Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH entsteht jedenfalls bei einer solchen Gesellschaft, an der - wie hier - nur zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind, ein Schwebezustand: Die Wirksamkeit der Abberufung durch die Gesellschafterversammlung hängt hier von der materiellen Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG ab, richtet sich also danach, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorlag. In einem solchen Fall sind zur Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowohl die Gesellschaft, hier die Verfügungsklägerin zu 2), als auch der Gesellschafter befugt, der den anderen abberufen hat, somit der Verfügungskläger zu 1) (vgl. BGH II ZR 110/82 = BGHZ 86, 177, OLG Karlsruhe NJW-RR 93, 1505; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck aaO. § 38 Rz. 73).

3. Der Verfügungsanspruch der Verfügungskläger folgt aus der Verpflichtung des Verfügungsbeklagten zu ordnungsgemäßer sorgfältiger Durchführung von Geschäftsführung und Vertretung.

Die Verfügungskläger haben schwerwiegende Entlassungsgründe im Sinne von § 38 Abs. 2 GmbH glaubhaft gemacht:

Zunächst ist festzustellen, dass der Verfügungskläger zu 1) und der Verfügungsbeklagte am 21.3.2007 einen gerichtlichen Vergleich (Anlage ASt5) geschlossen haben, wonach sie nur noch gemeinschaftlich zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind.

Hieraus entstand für sie ein Treueverhältnis dergestalt, dass sie zum Wohle der Gesellschaft bei der gemeinschaftlichen Geschäftsführung nachhaltig mitzuwirken verpflichtet sind.

Zudem haben grundsätzlich in einer GmbH die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft eine intensive Treuepflicht aufgrund der Organstellung.

Die Treuepflicht der Geschäftsführer ist Korrelat ihrer weitreichenden Befugnisse, des Informationsvorsprungs und der faktischen Einwirkungsmöglichkeiten.

Ihnen sind das Gesellschaftsvermögen und sämtliche (wirtschaftlichen und ideellen) Interessen der Gesellschaft anvertraut, zu deren Sicherung sie durch Treuebindung in Pflicht genommen werden. Aus Treuebindungen ergeben sich vor allem Schutz- und Rücksichtspflichten in Gestaltung von Unterlassungspflichten, sie sind aber auch bestimmend für das Maß der aktiven Förderungs- (Handlungs-)pflichten, w...

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