Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der einer Notariatsangestellten erteilten, nach außen unbeschränkten Vollmacht, weitere Erklärungen insbesondere zum Zwecke der Ergänzung oder Berichtigung eines Erbauseinandersetzungsvertrages abzugeben.
Normenkette
BGB §§ 133, 164, 167; GBO §§ 18, 20, 28-29
Verfahrensgang
AG Sonthofen (Aktenzeichen Oberstdorf Blatt 5786-37) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Sonthofen - Grundbuchamt - vom 4.9.2012 aufgehoben.
Gründe
I. Im Grundbuch ist als Bruchteilsmiteigentümer von Wohnungs- und Teileigentum der am 30.5.2004 verstorbene Peter W. eingetragen. Dieser wurde beerbt durch die drei Beteiligten zu je 1/3. Mit notariellem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 30.5.2012 haben diese das Bruchteilseigentum an der Wohnung Nr. c5 (1/11) und an der Tiefgarage Nr. D (1/440) auf die Beteiligte zu 1 übertragen. Unter IV. 3. des Vertrags haben die Beteiligten mehreren Notariatsangestellten jeweils unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht erteilt, weitere Erklärungen abzugeben, insbesondere zum Zwecke der Ergänzung oder Berichtigung. Die Vollmacht sollte im Außenverhältnis gegenüber dem Grundbuchamt, Behörden oder Dritten nicht beschränkt sein und nur gelten, wenn der amtierende Notar oder dessen amtlich bestellter Vertreter die Willenserklärung beurkundet oder beglaubigt, wobei der Notar Sorge zu tragen hat, dass von der Vollmacht nur "im Sinne dieses Rechtsgeschäfts" Gebrauch gemacht wird.
Mit Schreiben vom 3.7.2012 hat der Notar Umschreibung des Eigentums beantragt.
Das Grundbuchamt hat darauf hingewiesen, dass der Erblasser Bruchteilsmiteigentümer weiterer Miteigentumsanteile an dem in der Urkunde genannten Grundbesitz gewesen sei, so an der Wohnung Nr. c1 (1/11) und an der Tiefgarage Nr. D (1/440), aus der Urkunde sei nicht ersichtlich, welcher 1/440-Anteil übertragen werden solle. Daraufhin hat der Notar eine Nachtragserklärung vom 13.8.2012 vorgelegt, in der die Notariatsangestellte Ulrike B.-S. als Vertreterin der Beteiligten des Erbauseinandersetzungsvertrages diesen dahingehend berichtigte und ergänzte, dass insgesamt je zwei Miteigentumsanteile von 1/11 und von 1/440 auf die Beteiligte zu 1 übergehen sollen.
Mit Zwischenverfügung vom 21.8.2012 hat das Grundbuchamt Frist zur Vorlage neuer Auflassungen der drei Erben in grundbuchmäßiger Form für den weiteren Grundbesitz gesetzt. Die vorgelegte Nachtragserklärung reiche nicht aus. Eine Auflassungserklärung könne nicht berichtigt oder ergänzt, sondern müsse neu erklärt werden. Die den Notariatsangestellten erteilte Vollmacht ermächtige nicht zur Erklärung von (weiteren) Auflassungen.
Der Notar hat in der Folge darauf hingewiesen, dass eine Auflassungserklärung ergänzt oder berichtigt werden könne, nämlich dann, wenn eine falsa demonstratio vorliege. Die Urkunde vom 13.8.2012 enthalte eine Auflassung. Die den Notariatsangestellten erteilte Vollmacht reiche zur Erklärung der Auflassung auch aus. Sie sei nämlich im Außenverhältnis gegenüber dem Grundbuchamt nicht beschränkt. Das Grundbuchamt hat daraufhin am 4.9.2012 mit neuer Fristsetzung eine weitere Zwischenverfügung desselben Inhalts wie die vorangegangene, nun jedoch mit Rechtsmittelbelehrung versehen, erlassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II. Die nach § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 GBO statthafte und formgerecht eingelegte Beschwerde (vgl. § 15 Abs. 2, § 73 GBO) hat vorläufigen Erfolg. Der Senat geht davon aus, dass ihr Gegenstand die Zwischenverfügung vom 4.9.2012 ist, die diejenige vom 21.8.2012 ersetzen sollte.
1. Die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist aufzuheben, unabhängig davon, ob man die Rechtsansicht des Grundbuchamts teilt. Folgt man dieser nämlich, so liegt ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor mit der Folge, dass der Antrag sofort zurückzuweisen wäre (BayObLG Rpfleger 1986, 176; vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 18 Rz. 12 und 32). Das Grundbuchamt verlangt eine weitere Auflassung. Die Zwischenverfügung mit ihrer rangwahrenden Wirkung dient aber nicht dazu, erst die Schaffung der Eintragungsgrundlage zu ermöglichen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat - nicht bindend - darauf hin, dass im Ergebnis die Ansicht des Grundbuchamts zutreffend sein dürfte.
a) Die ursprüngliche Urkunde vom 30.5.2012 enthält eine insoweit aus sich heraus eindeutige Auflassungserklärung hinsichtlich 1/11 einer Eigentumswohnung und 1/440 einer Tiefgarage. Eine Auslegung über den eindeutigen Sinn dieser Erklärung hinaus ist nicht möglich (vgl. Senat vom 27.6.2012, 34 Wx 184/12, bei juris). Denn die Urkunde enthält als Objekt der Auflassung und der sonstigen zum Grundbuchvollzug notwendigen Erklärungen ausschließlich nur die genannten Anteile an Wohnung und Tiefgaragenstellplatz, nicht weitere (Bruchteils-) Miteigentumsanteile.
b) Es kann dahinstehen, ob ein Fall der falsa demonstratio vorliegt, die Vertragsparteien also den Vertragsgegenstand lediglich - übereinstimmen...